An diesem Montag feiert
Papst Benedikt nachmittags im Petersdom einen Gottesdienst zum Fest Unserer Lieben
Frau von Guadalupe, der Patronin Amerikas. Gleichzeitig ist die Messfeier auch ein
Vatikan-Beitrag zum „bicentenario“, den Feiern zur Unabhängigkeit vieler Staaten Lateinamerikas
und der Karibik. Für St. Peter wird das ein ungewohntes Bild, denn vor Beginn der
Messe wollen Jugendliche mit den Nationalflaggen ihrer Länder einziehen – wie bei
einer Olympiade. Kardinal Marc Ouellet leitet die Päpstliche Kommission für Lateinamerika
– er sagt im Gespräch mit uns, Lateinamerikas Kirche müsse sich um noch größere Nähe
zu den Menschen bemühen.
„Ich glaube vor allem, dass das Apostolat der Laien
noch präsenter werden muss. Und was die auf dem Kontinent sehr aktiven Sekten betrifft:
Da muss die Kirche die Konfrontation wagen. Ich meine dieses Wort Konfrontation aber
nicht allzu negativ, denn wir behandeln doch die Pfingstbewegungen durchaus mit Respekt.
Es gibt da ja positive Aspekte, etwa ein gewisser Massenfaktor und ein Medienfaktor.
Die Kirche muss auf den Faktoren aufbauen, die uns untereinander verbinden.“
Dem
Kardinal ist klar, dass durch Lateinamerikas Kirche starke Bruchlinien verlaufen –
etwa zwischen denen, die in der Seelsorge vor allem die soziale Dimension betonen,
und denen, die mehr aufs Spirituelle setzen.
„Ich glaube, da wird man ein
Gleichgewicht finden müssen, das in der Vergangenheit vielleicht nicht immer genug
beachtet worden ist. Bei einigen Strömungen der Befreiungstheologie zum Beispiel hatte
man den Eindruck, dass Christentum sei ein Symbol, das zu einem bestimmten politischen
oder sozialen Einsatz drängen würde. Da hat die Kirche Anstrengungen gemacht, um durch
einige Klärungen zur Befreiungstheologie die Aufmerksamkeit wieder auf eine zufriedenstellende
Christologie zu lenken. Jetzt, wo es diese Klärung gegeben hat, sind wir wohl wieder
imstande, eine effizientere, kreativere Sozialarbeit zu leisten, die allerdings aus
dem Glauben kommt und auf lange Sicht angelegt ist.“
Professor Guzman Carriquiry
ist Sekretär der Päpstlichen Kommission für Lateinamerika; er hat Hunderte von Briefen
an Arbeitgeber in Rom geschrieben, ob sie nicht ihren Latino-Angestellten für die
Dauer der Papstmesse ausnahmsweise freigeben könnten.
„Wir wissen ja, dass
diese Immigranten oft hart arbeiten und von früh bis spät – darum diese Briefe, die
in Rom sehr breit gestreut worden sind. Ich bitte die Arbeitgeber um eine Geste des
guten Willens, der Solidarität. Das soll den lateinamerikanischen Arbeitern hier in
Rom helfen, auch für sich selbst ihre Tradition der Frömmigkeit und des Feierns wach
zu halten, die sie aus Lateinamerika mitgebracht haben.“
Benedikt XVI.
will während der Messfeier offiziell seine Reise nach Mexiko und Kuba im nächsten
Frühjahr ankündigen.