Joseph Kabila bleibt
Präsident des Kongo – er hat die Wahlen offenbar gewonnen. Überprüfen lässt sich das
kaum, denn die Wahlen sind im Chaos verlaufen – nicht untypisch für das Riesenland
ohne Infrastruktur. Herausforderer Etienne Tshisekedi ruft zwar zur Ruhe auf, behauptet
aber weiterhin, der wirkliche Wahlsieger zu sein. Und das nährt im Kongo weiter die
Angst vor einem neuen Bürgerkrieg. Giusy Baioni arbeitet als Journalistin im Kongo.
„Die Lage ist sehr angespannt; keiner weiß, was in den nächsten Stunden oder Tagen
passieren wird. Viele Menschen zweifeln die Wahlergebnisse an, und tatsächlich gibt
es viele Fragen dazu, ob die Wahlen wirklich regulär verlaufen sind. Auch internationale
Wahlbeobachter sprechen von Fällen von Wahlbetrug; es gibt viele Meldungen über nicht
zugelassene Wähler oder schon fertig ausgefüllte Wahlzettel.“
Viele Menschen
im Kongo „vergleichen die Lage im Moment mit dem, was auf der Elfenbeinküste passiert
ist“, berichtet Baioni. Auf der Elfenbeinküste kam es dieses Jahr nach einer Präsidentenwahl
zum bewaffneten Kampf zwischen dem Amtsinhaber und seinem Herausforderer, der schließlich
mit französischer Hilfe sogar ins höchste Staatsamt gelangte.
„Der Kongo
ist ein Riesenland – sehr reich und sehr instabil. Viele Nachbarländer haben hier
Interessen, auch viele internationale Mächte. Eines ist klar: Wer aus diesem Kampf
um die Wahlen als Sieger hervorgeht, der hat viele Bodenschätze zu seiner Verfügung
und viele Lizenzen zu verteilen. Die internationale Gemeinschaft ist hier seit Jahren
mit einem Programm präsent, das als das teuerste der Vereinten Nationen überhaupt
gilt: Zwei Millionen Dollar pro Tag soll es kosten.“
Die Bischöfe des Kongo
riefen in den letzten Tagen immer wieder zur Ruhe auf; ihre Stimme wird im Land sehr
gehört, sagt Baioni.
„Die Kirche ist ja eine der wenigen Institutionen,
die mit den Menschen arbeitet, auch in diesen Monaten. Sie hat zum Beispiel viel dafür
getan, die einfachen Menschen auf die Stimmabgabe vorzubereiten – die Menschen sind
ja in der Regel Analphabeten und kaum informiert. Unter anderem hat sie Hunderte von
nationalen Wahlbeobachtern ausgebildet, die während der Stimmabgabe zugeschaut haben.“
Insgesamt
hatte die katholische Kirche für die 64.000 Wahlbüros 30.000 Beobachter mobilisiert;
darum verfügt sie mutmaßlich über die zuverlässigsten Angaben über mögliche Wahlfälschungen.
Sie hat sich bisher aber nicht geäußert. Nach dem vorläufigen Endergebnis sind auf
Kabila 49 Prozent der Stimmen entfallen und auf Tshisekedi 33 Prozent. Aus Angst vor
Ausschreitungen wurde die Bekanntgabe des Ergebnisses mehrmals verschoben; die befürchteten
Zusammenstöße blieben aber zunächst aus. Vor allem ein massives Aufgebot von Polizei
und Militär in Kinshasa sorgte dafür, dass die Lage bisher unter Kontrolle blieb.