Benedikt XVI. ruft
zu mehr Solidarität mit Flüchtlingen, Staatenlosen und Migranten auf. Bei seinem Angelusgebet
am Sonntag erinnerte er in Rom an die Flüchtlingskonvention der UNO, die vor sechzig
Jahren verabschiedet wurde. „Ich bete für alle, die oft gezwungenermaßen ihr eigenes
Land verlassen müssen oder denen ihre Staatszugehörigkeit abgesprochen wird. Ich bitte
um Solidarität für sie und bete für alle, die diesen Brüdern in der Not beistehen
und sie zu beschützen versuchen. Dabei gehen sie oft auch große Mühen und Gefahren
ein.“
Viele Engagierte sind besorgt, dass in Zeiten der internationalen
Finanzkrise weniger für Migranten getan wird. Auf einer Tagung in Berlin an diesem
Wochenende setzte sich die Integrationsexpertin Almut Möller von der Dt. Gesellschaft
für Auswärtige Politik (Berlin) für eine gemeinsame deutsch-italienische EU-Initiative
in Sachen Immigranten ein. Die italienische Parlamentsabgeordnete Laura Garavini („Demokratische
Partei“) lobte gegenüber Radio Vatikan das Interesse der neuen römischen Regierung
unter Premier Mario Monti am Thema Migration.
„Es ist schon sehr positiv,
dass die neue Regierung eine klare politische Entscheidung getroffen hat zum Thema
Migration, indem ein neues Integrations- und Kooperations-Ministerium eingerichtet
worden ist. Unter der Regierung Berlusconi waren alle Gelder zur Kooperation mit Drittländern
gestrichen worden – das ist eine Schande, weil wir auch Abkommen, die schon unterzeichnet
waren, nicht übernommen haben. Also, es ist unglaublich viel gestrichen worden, und
es gab eine richtiggehend rassistische Politik von seiten der Lega Nord innerhalb
der Regierung Berlusconi. Darum ist es schon eine deutliche politische Entscheidung,
dass man jetzt ein neues Ministerium mit einem neuen Minister für Integrationsfragen
und Kooperation hat. Das läßt erhoffen, dass auf jeden Fall wesentlich mehr unternommen
wird für die Unterstützung von Ländern, aus denen Migrationswellen kommen. Und dass
gleichzeitig politisch wesentlich mehr unternommen wird, um die Integration von Migranten
in Italien zu unterstützen!“
Das neue Ministerium wird von Andrea Riccardi
geleitet, dem Gründer der römischen Basisgemeinschaft Sant`Egidio. Frau Garavinis
„Demokratische Partei“ war in den letzten Jahren in der Opposition und stützt jetzt
Montis so genanntes Expertenkabinett. Der Flüchtlingsstrom aus Nordafrika Richtung
Italien hält in diesen Tagen weiter an.
„Leider ist die Finanzkrise
in Italien zur Zeit dermaßen gravierend, dass das wahrscheinlich derzeit nicht als
Priorität der Regierung gesehen wird, aber es ist unheimlich wichtig, dass zumindest
der politische Wille da ist und dass man eine richtige Wende hinbekommt gegenüber
der früheren Regierung, die vor allem populistisch-rassistische Politik gemacht hat.“
Europa
und auch Italien dürfe in diesen schwierigen Tagen das Prinzip der Solidarität nicht
aufgeben, warnt Frau Garavini. Und sie betont, dass ihr Land auch in Zeiten knapper
Kassen geradezu angewiesen ist auf Einwanderer.
„Selbst die Arbeitswelt
Italiens braucht Migranten! Es gibt sogar eine Studie des vorigen Arbeitsministeriums,
die das beweist. Wenn man die Zahlen anschaut, sieht man, dass trotz der hohen Arbeitslosigkeit
viele Arbeitsplätze nicht mehr von italienischen Bürgern ausgeübt werden, sondern
nur von Ausländern. Das heißt: Auf der einen Seite braucht Italien Migranten, auf
der andern Seite müssen wir schon sehen, dass Italien nicht einfach eine Durchgangsstation
ist. Europa muss auch in dieser Hinsicht solidarisch arbeiten; wir müssen tatsächlich
auch darauf achten, dass wir die Grenzen sichern, aber gleichzeitig auch Arbeitsbedingungen
und Wohlfahrtsstaats-Bedingungen schafffen, damit schon eine gewisse Anzahl von Migranten
in Europa Fuss fassen können – weil nicht nur Italien, sondern auch Europa allgemein
Migranten, Arbeitskräfte braucht.“
Die Abgeordnete Garavini, die auch
einen deutschen Pass hat, setzt sich u.a. in Deutschland für die Integration italienischer
Einwanderer ein. Die Berliner Tagung, an der sie am Wochenende teilnahm, war der Schlußpunkt
eines Projekts, das u.a. von der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung und
dem Goethe-Institut durchgeführt wurde. Unter dem Titel „va bene?!“ versuchte es die
deutsch-italienische Freundschaft neu in Fahrt zu bringen.