Kardinal Reinhard
Marx von München sieht das deutsche Staat-Kirche-Verhältnis als „zukunftsweisend“
für die europäische Entwicklung an. Die Trennung der Institutionen in einem „konstruktiven
Miteinander“ sei eine gute Grundlage. Das sagte der Kardinal am Montag auf einer Podiumsdiskussion,
an der auch der neue evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der bayerische
Kultusminister Ludwig Spaenle und der Bonner Staatskirchenrechtler Christian Waldhoff
mitwirkten. Viele Bischöfe außerhalb Deutschlands zeigten sich immer wieder überrascht
vom „wertschätzenden Miteinander“, das die Politik und die Kirchen hierzulande miteinander
verbinde, sagte Marx. In dieser Vertrautheit gelte es für die Kirche jedoch darauf
zu achten, bei ihrer unabhängigen Meinung zu bleiben. Und „nach innen hin müssen wir
uns mehr auf die Socken machen“, so der Kardinal, und den christlichen Glauben einladend
und anziehend vermitteln.
Dem stimmte auch Landesbischof Bedford-Strohm zu.
Er stellte fest, dass die Politik den Einspruch der Kirchen auf Fehlentwicklungen,
z.B. im sozialen Bereich, geradezu erwarte. Die Kirche sei ein Ort, „an dem Orientierungsprobleme
diskutiert werden“ könnten und die eine „ethische Infrastruktur“ bereitstellten. Marx
und Bedford waren sich einig, dass der Staat dies auch fördern müsse.
Kultusminister
Ludwig Spaenle erkannte das ausdrücklich an. Das „Naheverhältnis“ zu den Kirchen sei
historisch begründet und verletze nicht die weltanschauliche Neutralität des Staates.
„Es gibt kein Äquidistanzgebot zu den christlichen Kirchen.“ Professor Waldhoff warnte
in diesem Zusammenhang allerdings vor einem„Zerbröseln der Volkskirche“. Das Recht
ändere sich zwar nicht mit der zurückgehenden Zahl der Kirchenmitglieder, „aber die
innere Legitimität schwindet“.