Wenn Markus Schächter
im März des nächsten Jahres sein Amt als Intendant des ZDF aufgibt, dann wird er einen
Lehrstuhl für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München aufbauen. Das
gab die katholische Hochschule an diesem Donnerstag bekannt. Zunächst wolle man eine
Arbeitsgruppe bilden, die zum Wintersemester kommenden Jahres ein Studienprogramm
entwickeln wird. Schächter wird dann aber auch selbst Lehrveranstaltungen übernehmen. Radio
Vatikan hat Markus Schächter gefragt, wie man sich diesen neuen Lehrstuhl genau vorstellen
muss.
„Zunächst gibt es den gemeinsamen Beschluss des Präsidenten der Hochschule
und von mir, zusammen mit anderen eine Gründungskonzeption zu entwickeln. Bisher haben
wir längst noch kein fertiges Konzept. Wir haben aber das Wissen, dass es jetzt in
Zeiten des digitalen Umbruchs sämtlicher Medien höchste Zeit ist, darüber nachzudenken,
was die Grundlagen und Perspektiven der Kommunikation sind, die ja so etwas ist wie
die Luft zum Atmen für die demokratische Auseinandersetzung.“
Sie sagen
„höchste Zeit“ – was würde denn passieren, wenn wir das nicht machten?
„Dann
würde die Grundlage der Reflexion fehlen, die Sache selbst würde so weiter gehen,
wie sie vorher war.“
Sprechen wir einmal kurz über die Medien selbst: Was
soll dort reflektiert werden – die klassischen Medien, aus denen Sie kommen, oder
auch die neuen Medien wie die sozialen Netzwerke und ähnliches?
„Wer heute
über Medien spricht, muss die neuen Medien zum integralen Kreis aller Medien dazuzählen,
wobei das Medium Internet ja mehr als nur ein Medium ist. Es ist ein ,Metamedium‘,
eine Plattform für alle anderen Medien, die auf diese Weise neu zusammenrücken und
zu ganz neuen Perspektiven kommen. Insoweit gehört das, was sich jetzt im zweiten
Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts als mediale Veränderung ergibt, alles dazu. Es geht
aber auch ganz besonders um die alten Medien, die noch vitale Medien sind, die sich
aber in ihrer Konvergenz mit dem zeigen, was sich digital entwickelt mit den digitalen
Medien im Netz, aber auch mit den algorithmisch orientierten Suchmaschinen. Das alles
bildet zusammen einen neuen Kosmos einer medialen Welt, die es neu zu vermessen gilt.“
In
den letzten Jahren hat es einige Skandale gegeben, etwa den in Großbritannien um den
Konzern von Rupert Murdoch oder auch die Wikileaks-Geschichte. Alte und neue Medien
haben gleichzeitig mit Problemen zu kämpfen. Wie kann man das so aufarbeiten und reflektieren,
dass es auch wirklich zu Änderungen führt? Oder ist das nicht eine rein wirtschaftliche
Frage?
„Das ist genau das Thema. Medien sind zu groß und zu wichtig für
unsere moderne Gesellschaft. Es muss mehr sein als die Beobachtung dessen, was im
Markt möglich ist. Ich gehe sogar einen Schritt weiter: Qualitätsjournalismus und
Markt, das geht nicht immer zusammen. Insoweit müssen andere Mechanismen und Kriterien
eines Qualitätsbewusstseins formuliert werden. Vielleicht ist der neue Lehrstuhl in
der Lage, hier Zuspitzungsarbeit zu leisten.“
Mit dem Wintersemester 2012
will man mit dem Lehrbetrieb am neuen Lehrstuhl beginnen.