2011-11-17 15:08:36

D: Neuvermessung der medialen Welt


RealAudioMP3 Wenn Markus Schächter im März des nächsten Jahres sein Amt als Intendant des ZDF aufgibt, dann wird er einen Lehrstuhl für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München aufbauen. Das gab die katholische Hochschule an diesem Donnerstag bekannt. Zunächst wolle man eine Arbeitsgruppe bilden, die zum Wintersemester kommenden Jahres ein Studienprogramm entwickeln wird. Schächter wird dann aber auch selbst Lehrveranstaltungen übernehmen.
Radio Vatikan hat Markus Schächter gefragt, wie man sich diesen neuen Lehrstuhl genau vorstellen muss.

„Zunächst gibt es den gemeinsamen Beschluss des Präsidenten der Hochschule und von mir, zusammen mit anderen eine Gründungskonzeption zu entwickeln. Bisher haben wir längst noch kein fertiges Konzept. Wir haben aber das Wissen, dass es jetzt in Zeiten des digitalen Umbruchs sämtlicher Medien höchste Zeit ist, darüber nachzudenken, was die Grundlagen und Perspektiven der Kommunikation sind, die ja so etwas ist wie die Luft zum Atmen für die demokratische Auseinandersetzung.“

Sie sagen „höchste Zeit“ – was würde denn passieren, wenn wir das nicht machten?

„Dann würde die Grundlage der Reflexion fehlen, die Sache selbst würde so weiter gehen, wie sie vorher war.“

Sprechen wir einmal kurz über die Medien selbst: Was soll dort reflektiert werden – die klassischen Medien, aus denen Sie kommen, oder auch die neuen Medien wie die sozialen Netzwerke und ähnliches?

„Wer heute über Medien spricht, muss die neuen Medien zum integralen Kreis aller Medien dazuzählen, wobei das Medium Internet ja mehr als nur ein Medium ist. Es ist ein ,Metamedium‘, eine Plattform für alle anderen Medien, die auf diese Weise neu zusammenrücken und zu ganz neuen Perspektiven kommen. Insoweit gehört das, was sich jetzt im zweiten Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts als mediale Veränderung ergibt, alles dazu. Es geht aber auch ganz besonders um die alten Medien, die noch vitale Medien sind, die sich aber in ihrer Konvergenz mit dem zeigen, was sich digital entwickelt mit den digitalen Medien im Netz, aber auch mit den algorithmisch orientierten Suchmaschinen. Das alles bildet zusammen einen neuen Kosmos einer medialen Welt, die es neu zu vermessen gilt.“

In den letzten Jahren hat es einige Skandale gegeben, etwa den in Großbritannien um den Konzern von Rupert Murdoch oder auch die Wikileaks-Geschichte. Alte und neue Medien haben gleichzeitig mit Problemen zu kämpfen. Wie kann man das so aufarbeiten und reflektieren, dass es auch wirklich zu Änderungen führt? Oder ist das nicht eine rein wirtschaftliche Frage?

„Das ist genau das Thema. Medien sind zu groß und zu wichtig für unsere moderne Gesellschaft. Es muss mehr sein als die Beobachtung dessen, was im Markt möglich ist. Ich gehe sogar einen Schritt weiter: Qualitätsjournalismus und Markt, das geht nicht immer zusammen. Insoweit müssen andere Mechanismen und Kriterien eines Qualitätsbewusstseins formuliert werden. Vielleicht ist der neue Lehrstuhl in der Lage, hier Zuspitzungsarbeit zu leisten.“

Mit dem Wintersemester 2012 will man mit dem Lehrbetrieb am neuen Lehrstuhl beginnen.

(rv 17.11.2011 ord)







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