Liao Yiwu: „Ich stehe beschämt vor Scholl-Geschwistern“
Der chinesische Autor
Liao Yiwu hat am Montagabend in München den Geschwister-Scholl-Preis erhalten. Er
stehe beschämt vor den Geschwistern Scholl, sagte Liao Yiwu in seiner Dankesrede.
Der chinesische Regimekritiker bezeichnet sich nicht als Intellektueller, sondern
jemand, „der aus der Empfindung lebt“, so der Publizist Tilman Spengler im Gespräch
mit dem Münchner Kirchenradio. Der chinesische Autor lebt seit Juli in Deutschland.
In den USA hat Yiwu mittlerweile auch ein Buch über die Lage der Christen in China
veröffentlicht. Das englischsprachige Werk trägt den Titel „God is red“ (Gott ist
rot). Darin beschreibt der Preisträger, der selbst kein Christ ist, das Leiden der
unterdrückten Christen in China von der Zeit Mao Zedongs bis heute.
In dieser
großen Bandbreite von Empfindungen mische sich Öffentliches und Privates, vom Tod
der eigenen Schwester bis hin zum Massaker auf dem Pekinger Tiananmenplatz 1989, sagte
der Sinologe Spengler. Yiwu hatte am Vorabend des Aufstandes ein prophetisches Gedicht
geschrieben, für das er inhaftiert wurde. Seine Hafterfahrungen beschreibt er in dem
Buch „Für ein Lied und hundert Lieder. Ein Zeugenbericht aus chinesischen Gefängnissen“,
für das er nun den Geschwister-Scholl-Preis bekommt.
Die Laudatio hielt Literatur-Nobelpreisträgerin
Herta Müller, die „eine Förderin und Unterstützerin“ des Autoren sei. Müller sorge
mit ihrer Autorität dafür, „dass er sicherlich viel mehr Resonanz findet als manch
anderer chinesischer Protestler“, so Spengler. Yiwu habe überall in Deutschland, wo
er auftritt, großen Zulauf. Das Ganze sei zwar keine Popkultur. Dennoch bekomme er
mehr Aufmerksamkeit, als das „ein eher akademisch orientierter Regimekritiker der
Volksrepublik China haben würde“. Spengler würdigte zudem die positive Rolle der Bundesregierung,
die Yiwu dabei geholfen habe, aus China herauszukommen.
Der Börsenverein des
Deutschen Buchhandels - Landesverband Bayern - und die Landeshauptstadt München vergeben
den Geschwister-Scholl-Preis zum 32. Mal. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter
anderen Joachim Gauck und Anna Politkovskaja.