2011-11-10 15:33:03

Irak: Schikanen für Christen


RealAudioMP3 „Wir hoffen, dass wir dieselben Rechte haben wie die anderen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir wollen keine Privilegien, das einzige Privileg ist es, durch Gesetz und im Alltag als gleichwertige Bürger anerkannt zu werden. Ich zahle Steuer, ich erfülle alle staatsbürgerlichen Pflichten. Warum habe ich keine Rechte?“

Eine Stimme aus dem Nachbarland Syriens, aus dem Irak. Der frühere syrisch-katholischer Erzbischof von Mossul, Casmoussa, spricht gegenüber der Agentur Kathpress über die anhaltende Flucht der Christen, alltägliche Schikanen und den Mangel an innerchristlicher Einigkeit.

„Seit acht Jahren sind wir ohne stabile Regierung und ohne Ruhe. Jetzt sehen wir in Syrien dasselbe passieren. Wenn in Syrien dasselbe passiert wie im Irak, wäre das eine Katastrophe. Im Irak haben wir alles verloren. Es war eine ruhige Situation und unsere Beziehungen zu den Muslimen waren normal, sie waren Nachbarn und Partner. Jetzt aber haben wir Angst, vor allem. Fundamentalisten kontrollieren die Regierung in Bagdad. Wir haben Angst, unser Land zu verlieren. Wir werden durch diese Umstände unter Druck gesetzt, unser seit Jahrhunderten besiedeltes Land zu verlassen. Wir hoffen auf eine Regierung für alle Iraker, nicht nur für einige Religionen oder Gemeinschaften wie im Augenblick.“

Casmoussa, der als Erzbischof von Mossul 2005 von „Unbekannten" entführt wurde, erinnerte an den Überfall vom Mai 2010 auf die Studentenbusse, die 1.200 christliche Studenten aus den Kleinstädten und Dörfern in der Umgebung von Mossul zur Universität in die Tigris-Metropole bringen sollten. Damals wurden vier Studenten getötet und mehr als 150 verletzt. In der Folge hätten es nur mehr 200 Studenten gewagt, weiterhin nach Mossul zu fahren.

„Ohne Rechte und ohne Frieden verlassen viele Familien und Menschen das Land. Es gibt zwei Arten von Emigration, interne – also Vertreibung – und externe. Die externe ist weitaus größer. Viele leben jetzt in der Türkei, in Syrien, in Jordanien oder im Libanon. Und sie warten darauf, in die USA, nach Schweden oder Australien auswandern zu können. Und dann gibt es den anderen Teil: Diejenigen, die die großen Städte Bagdad, Mossul oder Kirkuk verlassen, in Richtung Kurdistan verlassen, weil es dort ruhiger ist. Ich bin sicher, dass ein großer Anteil von ihnen auch daran denkt, das Land ganz zu verlassen.“

In dieser Situation brauche es „den Druck der internationalen Gemeinschaft von außen ebenso wie eine starke christliche Stimme der Christen im Irak selbst". Die internationale Gemeinschaft - allen voran die Vereinten Nationen und die USA - rief Casmoussa dazu auf, bei diplomatischen Abkommen mit dem Irak „nicht nur auf die ökonomische Seite zu blicken, sondern auch die Frage der Menschenrechte im Auge zu behalten".

„Wir bitten die internationale Gemeinschaft und die UNO, eine Kommission in den Irak zu schicken, die das Töten der Priester und das Ausbomben von Kirchen untersuchen soll. Nicht nur für uns, sondern auch für alle Menschen im Irak. Wir wissen nicht, wer für die vielen Überfälle verantwortlich ist. Die Regierung in Bagdad hat keine eigene Untersuchung angestellt. Ich bin selber gekidnappt worden und ich danke Gott und allen Helfern, dass ich wieder frei bin. Wir wissen aber immer noch nicht, wer dafür verantwortlich ist.“

(kap 10.11.2011 ord)








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