Liebe Brüder und Schwestern! Heute möchte ich einige Gedanken zu Psalm 119 oder
nach anderen Zählungen 118 vorlegen. In diesem langen Gebet wird die Schönheit der
Tora, des Gesetzes Gottes besungen. Als Offenbarung und Wort Gottes trägt sie
eine heilende Kraft in sich, sie zeigt, wie man lebt, sie schenkt Freude und Leben.
Das Gesetz Gottes drückt nicht nieder wie eine Last, es ist uns nicht wie als Knechten
auferlegt, sondern es macht uns frei, zu Söhnen, wird von uns so angenommen und wird
dann zur wirklichen Freude. Für den Psalmisten bedeutet das Hören des Wortes deswegen
auch, ihn selbst aufzunehmen, im Wort ist Er da, ihm zu begegnen. Und so betet er:
„Mein Anteil ist der Herr; ich habe versprochen, dein Wort zu beachten“ (V. 57). Das
Wort „Anteil“ erinnert an die Stämme Israels, die sich das verheißene Land in Besitz
nahmen und jeder sein Landstück bekam und damit fest zum Erbe Gottes gehörte, indem
er ein Erbe im Land hatte. Die Leviten und damit die Priesterschaft wurde kein Land
zugeteilt.. Ihr Erbteil, ihr Land, war Gott selbst. So spricht der nach Numeri zum
Priester Aaron: „Du sollst in ihrem Land keinen erblichen Besitz haben. Dir gehört
unter ihnen kein Besitzanteil; ich bin dein Besitz und dein Erbteil mitten unter den
Israeliten“ (Num 18,20). Gottes Wort zu befolgen, Gemeinschaft mit ihm zu haben
gehören zusammen. Darin ist auch irgendwie das Wesen des neutestamentlichen Priestertums
vorausgesagt, wie es sich auch im Zölibat ausdrückt, dass Gott, das Erbe, der Anteil
und das Land des Menschen ist, der ganz für Gott da zu sein hat. Gottes Gesetz ist
nicht Joch, wie wir gesagt haben, sondern Aufruf zum Vertrauen, zur großherzigen Liebe,
die uns in Begegnung führt und damit in die innere Willensgemeinschaft mit Gott. Und
so schenkt uns Gott alles, da er sich selbst schenkt.* * * * * Mit Freude grüße
ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher. Besonders heiße ich heute die Gäste
aus der Gemeinde Natz-Schabs in Südtirol willkommen. Ich freue mich, vergelt’s Gott.
Lasst uns wie die heilige Jungfrau Maria das Wort Gottes hören, aufnehmen und befolgen
(vgl. Lk 11,28), mit ihm inwendig eins werden und glückselig werden, da sich
an uns der Plan Gottes erfüllt, den er uns verheißen hat (vgl. Lk 1,45). Dazu
stärke uns der Heilige Geist mit seiner Liebe und Freude.