2011-11-09 12:07:50

Naher Osten: „Ökumene ist Frage des Überlebens“


RealAudioMP3 Wenn das Christentum im Nahen Osten eine Zukunft haben will, muss es lernen, mit einer Stimme zu sprechen. Denn die Ökumene der Kirchen im Nahen Osten ist eine Frage des Überlebens der Christen in dieser Region: Auf diesen Nenner bringt der Salzburger Nahost-Kirchenexperte Dietmar Winkler das Problem, mit dem sich in diesen Tagen hochrangige christliche Vertreter des gesamten Nahen Ostens in Wien befassen.

Bereits zum dritten Mal hat die Stiftung „Pro Oriente“ zum „Colloquium Syriacum“ geladen – diesmal zur Frage der neuen Herausforderungen für die Christen im Nahen Osten nach der Nahost-Synode, die im letzten Herbst im Vatikan stattfand, aber vor allem auch im Horizont des „Arabischen Frühlings“. Im Gespräch mit Kathpress sagte Winkler:

„Beide Themen – die Nacharbeit zur Nahost-Synode und die Frage nach der christlichen Einschätzung der Umbrüche in der arabischen Welt – gehören letztlich zusammen, insofern die Nahost-Synode zu einer intensiveren Kooperation der Christen im Nahen Osten aufgefordert hat; diese wiederum ist dringend nötig, um angesichts der Umbrüche in der arabischen Welt und der vielerorts bedrohlichen Situation für die Christen laut und deutlich mit einer Stimme zu sprechen.“

Gerade diese ökumenische Einigkeit sei leider alles andere als selbstverständlich, so Winkler zu Beginn der Tagung. So sei der Nahost-Kirchenrat derzeit durch interne Streitigkeiten „paralysiert“, auch sonst sei die ökumenische Zusammenarbeit noch eher die Ausnahme. Winkler verweist etwa auf die irakischen Christen, die – obwohl alle unter schwierigsten Bedingungen leidend – nicht in der Lage seien, mit einer Stimme zu sprechen, um so in ihrer Situation auch international stärker wahrgenommen zu werden.

Die Stiftung „Pro Oriente“ will Kirchenführern ein Forum bieten, um die bestehenden Probleme anzusprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Beim derzeitigen „Colloquium Syriacum“ geschieht dies in vier Themenkreisen: Erörterung des Staat-Kirche-Verhältnisses in den Ländern des Nahen Ostens, Erörterung des christlich-jüdischen Verhältnisses, Erörterung des christlich-muslimischen Verhältnisses sowie Bilanzierung der Kooperation ein Jahr nach der Nahost-Synode im Vatikan.“

Dem „Arabischen Frühling“ begegnen die meisten Christen im Nahen Osten eher mit Sorgen denn mit Hoffnungen, beobachtet Winkler. So überwiege die Angst vor einem Verlust an Stabilität und Sicherheit, selbst wenn diese um den Preis eines autoritären Regimes erkauft sei. Es brauche dringend eine vom Westen unterstützte „Post-Spring-Strategy“, d.h. eine externe Unterstützung bei den Reformprozessen.

Hintergrund
Am „Colloquium Syriacum“ nehmen Vertreter aller Kirchen der syrischen Tradition teil, an der Spitze der im Libanon residierende syrisch-katholische Patriarch von Antiochien, Ignatios Youssif III., der auch Präsident der Nahost-Synode im Vatikan im vergangenen Oktober war. Außerdem beteiligen sich Wissenschaftler verschiedener Disziplinen aus Österreich, Großbritannien, den USA, Israel und den Niederlanden.

(kap 09.11.2011 mg)







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