Somalia: Religionsübergreifend gegen Dürre und Hunger
Trotz widriger Umstände
findet die kirchliche Hilfsarbeit ihren Weg nach Somalia. Das berichtet Giorgio Bertin,
Bischof von Dschibuti und Apostolischer Administrator von Mogadischu, im Gespräch
mit Radio Vatikan. Gerade weil die politische Lage in dem Land am Horn von Afrika
so unsicher ist, hat die Jahrhundertdürre dort besonders verheerende Folgen: Zu Hunger
und Armut kommen Unruhen und Gewalt, was viele Menschen in die Flucht treibt. Und
während Hilfsorganisationen in den Nachbarländern Äthiopien und Kenia vor Ort das
Schlimmste zu verhindern suchen, wäre ihr Einsatz in Somalia tödlich. Dazu Bischof
Bertin:
„In Somalia können wir leider nicht so direkt arbeiten wie in Äthiopien
oder Dschibuti. Denn die am meisten betroffene Region ist Zentral- und Südsomalia.
Und da gibt es keinen Staat. Wenn wir dort physisch arbeiten, gehen wir große Risiken
ein, getötet oder entführt zu werden. Deshalb helfen wir durch lokale somalische Partner.
Das sind Muslime, mit denen wir seit 20, 30 Jahren Kontakte pflegen und ein Vertrauensverhältnis
aufgebaut haben. Normalerweise präsentieren sie eine Art Projekt, wir prüfen das,
senden ihnen das Geld und sie kaufen vor Ort die wichtigsten Dinge: Essen und derzeit
vor allem Plastikplanen, denn in den letzten Monaten gab es viel Regen hier.“
Zum
Hunger als Folge der Dürre kämen seit etwa drei Monaten starke Regenfälle hinzu, berichtet
der Bischof weiter. Diese setzten auch den zahlreichen Flüchtlingen zu, die nach Kenia
und Äthiopien geflohen sind. In einigen Regionen kann der Regen zwar Erleichterung
bringen, der Hunger kann damit aber nicht so schnell beendet werden. Denn nur unter
besseren Sicherheitsbedingungen kann wieder richtig Landwirtschaft betrieben werden:
„Wir
sehen in Somalia die perversen Effekte der Abwesenheit des Staates. Die Situation
betrifft das gesamte Horn von Afrika, aber sie ist besonders dramatisch in Zentral-
und Südsomalia, denn es kommen die Kämpfe hinzu, die in den letzten 20 Jahren in Somalia
zwischen verschiedenen Gruppen an der Tagesordnung sind.“
Dass den Menschen
in Somalia erst langfristig geholfen werden kann, wenn die Sicherheitslage dort stabiler
ist – darüber sind sich Kirchenvertreter, Hilfsorganisationen und westliche Politiker
einig. Die Bundesrepublik Deutschland machte ihre Entwicklungszuschüsse für das Land
in den vergangenen Jahren von der politischen Stabilität des Landes abhängig. Wegen
der aktuellen verheerenden Notsituation hat der deutsche Bundesminister für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, in diesen Tagen diese eingefrorenen Geldmittel
für Somalia freigegeben. Niebel äußerte sich zur Frage in Berlin bei einem Treffen
mit einem Vertreter der somalischen Übergangsregierung, Vizepremier Ibrahim. Die zehn
Millionen Euro sollen unter anderem zum Erhalt und zur Wiederaufstockung von Viehbeständen
verwendet werden. Für Bischof Bertin heißt langfristige Hilfe auch Vorbeugung
weiterer Dürre- und Hungerkatastrophen. So hat er großes Interesse daran, den Ursachen
der Krise auf den Grund zu gehen:
„Catholic Relieve Services hatte ein Team
geschickt, um sich das Dürreproblem näher anzusehen und eine Studie durchzuführen.
Ich habe sie nach Dschibuti eingeladen und gebeten, bei uns eine ähnliche Untersuchung
zu machen. Denn es gibt da ähnliche Erfahrungen: Die Dürre hat hier wie dort Bauern
und Nomaden zugesetzt, die mit Kamelen, Ziegen und Kühen in der Landschaft leben.
Die brauchen Regen und Wasser. Obwohl Dschibuti nicht hauptsächlich von Viehwirtschaft
lebt, sondern von Handel, leben dennoch immerhin ein Fünftel der Bevölkerung so.“