„Nie wieder
Gewalt! Nie wieder Krieg!“ Mit diesem Appell ist am Donnerstagabend das Friedenstreffen
der Religionen zu Ende gegangen. In Assisi, der Stadt des heiligen Franziskus, verurteilten
die rund 300 Vertreter von zwölf Religionen und 31 christlichen Kirchen jede Form
von Terror und Gewalt. Freiheit und Frieden könnten nur durch gegenseitiges Vertrauen
garantiert werden. Eingeladen zu dem Friedensgipfel, an dem auch einige Nichtglaubende
teilnahmen, hatte Papst Benedikt XVI. Er empfing an diesem Freitagmittag seine Gäste
aus aller Welt zu einer Schlussbegegnung im Vatikan.
Kardinal Kasper:
„Wirklich ein Zeugnis für den Frieden!“
„Sehr interessant, sehr positiv
– und wirklich ein Zeugnis für den Frieden!“ So sieht Kardinal Walter Kasper den Gipfel
von Assisi. Der frühere Ökumene-Verantwortliche des Vatikans ist einer von vielen,
die beeindruckt sind von den Bildern dieses Nachmittags: Papst und Religionsführer,
wie sie mit Kerzen in der Hand den Weltfrieden beschwören, dazu der malerische Sonnenuntergang
über der Basilika San Francesco. Ein Münchner, angereist mit seiner kleinen Tochter,
ist besonders angetan von der Szene, wie Benedikt XVI. in einem weißen Minibus durch
Assisi rollt, gemeinsam mit anderen Gipfelteilnehmern. „Das war natürlich ein unglaubliches
Bild: Normalerweise fährt der Papst in einem gesicherten Auto, und hier saß er in
einem normalen Bus mit allen Vertretern aller Religionen zusammen auf dem vorderen
Platz. Ein unglaubliches Bild! Man hat gewissermaßen auf die Sicherheit fast schon
verzichtet, damit dieses Bild der Einheit entstehen kann. Das war wirklich erschütternd,
ergreifend. Ich hätte mir das nicht vorstellen können!“
„Nie wieder
Gewalt! Nie wieder Krieg! Nie wieder Terrorismus!“, ruft Benedikt XVI. den rund
2.000 Gästen auf dem Vorplatz von San Francesco zu. Jede Religion müsse „im Namen
Gottes Gerechtigkeit, Frieden, Vergebung, Leben und Liebe“ auf der Erde verbreiten.
Diese Worte hatte schon Papst Johannes Paul II. bei einem früheren Assisi-Friedensgebet
ausgerufen. Der polnische Papst hatte vor exakt 25 Jahren, 1986, zum ersten Mal Religionsführer
in das Franziskus-Städtchen eingeladen; dieses Jubiläum hatte Benedikt XVI. zum Einberufen
des neuerlichen Friedensgebets bewegt.
Religionen verpflichten sich
zu Gewaltlosigkeit
Die Feier am Donnerstagabend erinnert manchmal etwas
an die kirchlichen Weltjugendtage; das liegt daran, dass viele junge Italiener unter
den Gästen auf dem Platz sind und dass die Begleitmusik eher ihrem Stil entspricht
als dem der Religionsvertreter auf dem Podium. Feierlich wird es, als einige Teilnehmer
stellvertretend für alle die Erklärung von Assisi proklamieren, eine leicht erweiterte
Fassung des Friedensdekalogs von 2002. Ausdrücklich verurteilen die Religionsvertreter
in der Erklärung jeden Rückgriff auf die Religion zur Rechtfertigung von Gewalt und
Terrorismus.
Der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Mounib Younan,
trägt den ersten Punkt vor: „Indem wir jede Gewaltanwendung und den Krieg im Namen
Gottes oder der Religion verurteilen, verpflichten wir uns, alles Mögliche zu tun,
um die Ursachen des Terrorismus zu beseitigen.“ Danach ist es ein Vertreter des
Islam, Mulana Mohammed Zubair Abid, Präsident einer islamischen Organisation in Pakistan,
der die Verpflichtung zu einem „aufrichtigen und geduldigen Dialog“ zwischen den Religionen
verliest. Bei diesem Dialog dürfe es nicht darum gehen, was die Religionen „wie eine
unüberwindbare Mauer“ trenne, sondern er müsse zu einem besseren gegenseitigen Verständnis
durch Anerkennung der Unterschiede führen. Weiter erklären die Teilnehmer des Friedenstreffens,
„einander Irrtümer und Vorurteile in Vergangenheit und Gegenwart zu verzeihen“.
Rabbi
Schneier: Signal an die politischen Führer
Zum Abschluss der Zeremonie
dankt der Papst allen Teilnehmern und Organisatoren: „Das heutige Ereignis ist ein
Bild für die Schlüsselfunktion der geistigen Dimension für die Schaffung von Frieden.“
Diese einzigartige Pilgerfahrt habe einen brüderlichen Dialog ermöglicht, die Freundschaft
vertieft und die Teilnehmer im Schweigen und Gebet zusammengeführt. Vor allem aber
– das betont im Gespräch mit uns der New Yorker Rabbiner Arthur Schneier, ein langjähriger
Freund des Papstes – haben die Anwesenden ein wichtiges Signal der Gemeinsamkeit gegeben,
das die Welt von heute braucht. „Es gibt so viele Änderungen in der Welt heute.
Die leitenden Religionsführer müssen ihre Verantwortung erkennen, um diese verschiedenen
Probleme auch zu lösen. Wir müssen zusammenarbeiten und sogar den politischen Führern
zeigen, dass wir bereit sind, zu kooperieren, um Lösungen zu finden für die Probleme,
die die Menschen heute haben.“ Dass Benedikt zu diesem Tag der „Pilgerschaft für
den Frieden und die Wahrheit“ auch Nichtglaubende eingeladen hat, ist für den Rabbiner
kein Problem: „Die Realität ist: Da gibt es Gläubige und Nichtgläubige! Wir sind
alle Kinder des Ewigen, und darum ist es nach meiner Meinung eine gute Idee.“