Wer hätte das gedacht:
Kardinal Peter Turkson, der heutige Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit
und Frieden, war schon beim ersten Assisi-Treffen 1986 dabei. Der Ghanese war damals
ein einfacher Priester von 38 Jahren. Im Gespräch mit uns erinnert er sich zurück:
„Ich kam von Ghana und war von meinem Bischof gebeten worden, den Religionsführer
einer Naturreligion zu begleiten, der nach Assisi eingeladen war. Er kam erstmals
nach Europa und nach Italien. Und er brauchte ganz einfach jemanden als Übersetzer
und Reiseführer.“
„Großartig und erhellend“ fand der afrikanische Priester
die Erfahrungen, die er da machte, mittendrin in Assisi an der Seite eines nicht-christlichen
Religionsführers.
„Da ich als Begleiter dort war, konnte ich leider nicht
mich zu den verschiedenen Gebetsgruppen gesellen. Das fehlte mir. Jedenfalls, ich
bin damals nicht auf die Idee gekommen, dass einige denken könnten, das Treffen sei
synkretistisch, weil verschiedene Menschen gleichzeitig beteten. Ich war sicher, dass
der Mann, den ich da begleitete, nicht in irgendeiner Weise dachte, er sei dazu aufgerufen,
zu beten wie ein Christ. Als dann später diese Sichtweise aufkam, wurde uns klar,
dass wir die Empfindlichkeiten dieser wenigen Leute schon auch respektieren mussten.
Es ist Teil unserer Sorge, in diesem Punkt sensibel zu sein. Nicht indem wir einfach
sagen, nun, sie hatten recht, indem sie dieses Treffen all dieser unterschiedlichen
Menschen als Problem sahen. Aber ich erinnere an die Stelle aus der Schrift: Wenn
du etwas tust, von dem du denkst, es kann für deinen Bruder ein Skandal sein, versuche
es nicht zu tun. Darum geht es.“
Nicht umsonst bemühte sich der Vatikan,
das Assisi-Treffen 2011 eher als Pilgerreise zu beschreiben denn als Gebetstreffen.
Allerdings erinnert Turkson daran, dass Beten und Pilgern dieselben Ziele haben.
„Es
gibt beide Elemente. Das Assisi-Treffen vor 25 Jahren war ein Tag des Gebets, mit
dem Höhepunkt der Versammlung, bei der alle gleichzeitig beteten, jeder in der persönlichen
Hinwendung zu Gott. Das Ziel war, um Frieden zu beten. Und das bedeutete die Anerkennung
der Tatsache, dass echter Frieden nicht von uns kommen kann, sondern nur als Geschenk
von Gott. Auch Pilgerschaft zu Gott bedeutet eine Sehnsucht, die uns alle in Bewegung
setzt, um diese Ziel zu erreichen. Das wird nun bei diesem Assisi-Treffen unterstrichen.
Auf gewisse Weise heißt um etwas beten, dass dieses Etwas fehlt. Darum bitten und
beten wir ja darum. Und auch eine Pilgerreise auf ein Ziel hin heißt, Sehnsucht nach
diesem Ziel zu haben, so große Sehnsucht, dass man dazu bereit ist, von einem Ort
zum anderen zu gehen, um es zu suchen. Sowohl Beten als auch Pilgern unterstreichen,
dass echter Frieden als Geschenk Gottes kommt.“
300 Religionsvertreter
aus der ganzen Welt werden am Donnerstag auf Einladung des Papstes in Assisi sein,.
pilgernd und betend. Eine Geste, die überall wahrgenommen werden wird. Andererseits
stellt sich die Frage, wie es gelingen kann, die Selbstverpflichtung zum Frieden in
Handlungen umsetzen. Auf sehr viele Arten, sagt Kardinal Turkson:
„Wir können
über Friedensvermittler reden, Dialoginitiativen, all die verschiedenen Formen, in
denen Menschen erfahren konnten, wie es ist, Frieden zu schaffen. Die Bedrohungen
für den Frieden sind vielfältig: Wenn es Krieg gibt, bin ich nicht im Frieden. Wenn
ich nicht weiß, wie ich heute meine Familie ernähren kann, bin ich nicht im Frieden.
Wenn ich morgen meinen Job verliere, bin ich nicht im Frieden. So vielfältig wie die
Bedrohungen für den Frieden sind, so vielfältig sind auch die Pfade zum Frieden. Aber
wir kommen in Assisi alle zusammen mit unseren verschiedenen Gaben und dem Erbe unserer
Werte und unseres Glaubens, in der Hoffnung, dass das alles zusammengenommen uns hilft,
uns dem Frieden zu nähern.“ (rv 26.10.2011 gs)