„Keine Dämonisierung der Märkte“ – Skepsis über G-20
Der Vatikan wünscht
sich eine „Steuerungsbehörde für die Globalisierung“ – das stellte der Sekretär des
Päpstlichen Friedensrates, Mario Toso, an diesem Montag vor Journalisten klar. Die
internationalen Einrichtungen, die schon bestehen, müssten reformiert werden, um „mehr
Autorität zu bekommen und gleichzeitig demokratischer zu funktionieren“. Sie bräuchten
„mehr Teilhabe, mehr Legitimation, mehr Einbeziehung der Zivilgesellschaften, eine
größere Repräsentativität“.
„Eine globale Behörde für die Kontrolle der
Finanzmärkte wird nationale Regierungen nicht erdrücken dürfen, auch wenn sie ein
Recht zu Sanktionen braucht. Sie sollte sich als Dienstleistung der Mitgliedstaaten
verstehen, um ihnen bei der Entwicklung ihrer Märkte zu helfen, ohne dass diese Märkte
einerseits überprotegiert werden von paternalistischer nationaler Politik, und ohne
dass sie andererseits durch systematische Defizite der öffentlichen Finanzen und beim
Nationalprodukt geschwächt werden.“
Im Vatikan würden die Geld- und Finanzmärkte
„keineswegs dämonisiert“, so Toso, sondern vielmehr „als ein öffentliches Gut“ verstanden.
Als ein fundamentales Gut, „aber eben kein Gut oder Ziel in sich“, sondern als Mittel:
„Sie stehen im Dienst einer Realisierung des universellen Gemeinwohls der Menschheitsfamilie.“
Deutliche
Skepsis äußerte der Vatikanmann mit Blick auf die G-20 – da werde doch ein „qualitativer
Sprung nach vorne“ gebraucht.
„Der G-20 entspricht nicht vollkommen der
Logik der Vereinten Nationen: Die Staaten, die ihn bilden, sind nicht repräsentativ
für alle Völker, und auch erweitert ist der G-20 nur ein informelles, begrenztes Forum
– übrigens seit der Erweiterung auch nicht mehr so effektiv. Ihm fehlt die Legitimierung
und das politische Mandat durch die Internationale Gemeinschaft, ja er riskiert sogar
de facto, bestehenden Institutionen ihre Legitimität abzusprechen oder sich an ihre
Stelle zu setzen. Das gilt etwa für Weltwährungsfonds und Weltbank – die brauchen
zwar auch tiefgreifende Reformen, aber sie repräsentieren immerhin institutionell
alle Länder und nicht nur eine begrenzte Zahl davon!“
Der Vatikan hat auch
einen Rat an die trudelnde EU: Toso empfiehlt, der Europäischen Zentralbank von Frankfurt
„entsprechende politische Einrichtungen an die Seite zu stellen“. Das ist ein Ruf
nach einer verstärkten politischen Union der EU.