Der Vatikan fordert
angesichts der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise eine Reform der Finanzmärkte.
Rechtzeitig vor dem G-20-Gipfel Anfang November in Cannes veröffentlichte der Päpstliche
Friedensrat an diesem Montag eine „Note“. Die 17 Seiten schlagen die Gründung einer
internationalen Behörde vor, um die Finanzmärkte zu kontrollieren.
„Es geht
um das Gemeinwohl der Menschheit und ihre Zukunft“: Das bekräftigt der Alarmruf aus
dem Vatikan. „Egoismus und kollektive Gier“ sowie ein „Wirtschaftsliberalismus ohne
Regeln und ohne Kontrolle“ hätten zur derzeitigen Krise geführt. Das sei nicht hinnehmbar,
der Mensch dürfe „nicht des Menschen Wolf sein“, Länder dürften „nicht auf Kosten
anderer wachsen“. Der Vatikan nennt „Geld- und Finanzgeschäfte, die vor allem auf
Spekulation gründen, einen Schaden für die Realwirtschaft vor allem der schwächeren
Länder“. Er wünscht sich ein radikales Umdenken: Märkte sollten wieder im Dienst am
Menschen stehen.
Zwar betont der Vatikan immer wieder, er habe keine konkreten
Vorschläge für eine Lösung der Krise, das sei ja auch nicht seine Aufgabe. Ein paar
Rezepte stehen in dem Papier von diesem Montag aber doch, etwa die Einführung einer
Finanztransaktionssteuer, deren Einnahmen den von der Krise betroffenen Staaten zugutekommen
sollen. Oder eine Rekapitalisierung der Banken auch mit öffentlichen Geldern, aber
auf eine Art und Weise, die für ein Wachstum der Realwirtschaft sorgt. Der Finanzmarkt
dürfe nicht mehr wie bisher „sehr viel schneller wachsen als die Realwirtschaft“.
Wichtigste
Forderung des Päpstlichen Friedensrates ist eine Behörde bzw. ein Mechanismus, „um
eine Art globaler monetärer Kontrolle zu schaffen“ – in der Logik der Bretton-Woods-Vereinbarungen
von 1944, aus denen einst der Weltwährungsfonds hervorging. Weil dieser Fonds nicht
länger die Stabilität der Weltfinanz zu garantieren vermag, braucht es ein neues System,
um – natürlich unter Einbeziehung der Schwellen- und Entwicklungsländer – die „Wechselkurssysteme
effizient zu koordinieren und zu überwachen“. Erster Schritt dazu wäre nach Vatikanmeinung
„ein gemeinsamer Kodex von Grundregeln“. Das Ziel: eine Art „Weltzentralbank“, anzusiedeln
am ehesten unter dem Dach der UNO, oder zumindest an ihrem Modell inspiriert.
Ganz
ohne historische Einordnung macht der Vatikan es nicht: Die „Westfälische“ Weltordnung
geht nach seinem Urteil jetzt zu Ende, die Epoche also, in der Staaten zwar kooperierten,
aber noch nicht die Notwendigkeit zu stärkerer Union „für das Gemeinwohl der Völker“
sahen. „Die jetzigen Generationen müssen sehen, dass es eine neue weltweite Dynamik
zur Realisierung eines universellen Gemeinwohls gibt“, so das Dokument des Friedensrates.
Es werde zu „einer graduellen, allmählichen Übertragung eines Teils der nationalen
Vorrechte auf eine regionale Behörden bzw. auf eine globale Behörde kommen“. Das Ziel
hier: ein „Rechtsstaat auf supranationaler Ebene“, eine „enger zusammengeschlossene
Weltgesellschaft“. Die Gläubigen, und nicht nur sie, sollten auf dem Weg dahin „ihre
Phantasie anstrengen“.
Der „Geist des Turmbaus von Babel“ war gestern. Jetzt
ist der „Geist von Pfingsten“ angesagt, der Geist der „einen Menschheitsfamilie“.