Vor dem Assisi-Treffen: „Ein Traum, der weitergeht“
Am Donnerstag nächster
Woche beten in Assisi Vertreter verschiedener Religionen und Konfessionen für den
Frieden in der Welt. Eingeladen hat sie dazu Papst Benedikt XVI., 25 Jahre nach dem
ersten Assisi-Treffen dieser Art, das 1986 von Papst Johannes Paul II. ausgerichtet
wurde. In Rom wurden an diesem Dienstag Einzelheiten der Initiative vorgestellt.
„Auch
heute braucht die Welt Frieden – genauso wie vor 25 Jahren.“ So bringt es Kardinal
Peter Turkson vom Päpstlichen Friedensrat auf den Punkt. „Das nächste Assisi-Treffen
will die Erfahrung gelebter Brüderlichkeit von 1986 fortsetzen. Es will ein Traum
sein, der weitergeht und immer mehr Realität wird.“ Der aus Ghana stammende Kardinal
erinnerte die Presse an die vielen Kriegs- und Konfliktbaustellen unseres Planeten:
Finanzkrise, Hungerkrise, weltweite Migration von, wie er formulierte, „biblischem
Ausmass“. „Noch einmal – denken wir nur an das, was kürzlich in Ägypten geschehen
ist – müssen wir Nein sagen zu jeder Instrumentalisierung von Religion. Religiös motivierte
Gewalt ist ein Skandal, der das wahre Wesen von Religion entstellt, Gott beleidigt
und Menschen vom Glauben abstößt.“
Alle Menschen – ob nun glaubend oder nichtglaubend
– seien tief im Innern auf der Suche nach der Wahrheit. Darum lasse sich mit allen
ein „Dialog des Lebens und Arbeitens“ führen – auch da wo ein „Dialog über Theologisches
oder Fragen der Lehre nicht möglich“ sei. Turkson kündigte an, dass der Papst zunächst
am Mittwoch der kommenden Woche keine Generalaudienz halten wird, sondern einen Wortgottesdienst:
für ein gutes Gelingen des Donnerstags.
„Am 27. Oktober selbst fahren die
Delegationen dann zusammen mit dem Papst im Zug nach Assisi. Dort gibt es zunächst
einen Moment des Gedenkens und Vertiefens in der Basilika Santa Maria degli Angeli
sowie ein gemeinsames Mittagessen. Im Anschluss hat jeder für sich Gelegenheit zum
Nachdenken und Beten. Am Nachmittag werden dann alle Anwesenden zur Basilika San Francesco
in der Oberstadt gehen. Das wird ein Pilgerweg, an dem auf seinem letzten Teil auch
die Mitglieder der verschiedenen Delegationen teilnehmen. Er symbolisiert den Weg
jedes Menschen auf der Suche nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden. Er wird schweigend
verlaufen, so dass jeder Gelegenheit zum Beten und Meditieren hat.“
Der
Höhepunkt des Assisi-Tags findet dann, wie bei früheren Friedenstreffen, auf dem Platz
vor der Unterkirche von San Francesco statt. Dort werden die Teilnehmer ein Friedenslicht
entzünden und feierlich ihre Absage an Gewalt bekräftigen – mit einem Text, der schon
beim letzten großen Assisi-Friedenstreffen von 2002 formuliert wurde.
„Die
Länder der Welt, die in Assisi einen Vertreter haben, sind über fünfzig, darunter
auch Ägypten, Israel, Pakistan, Jordanien, Iran, Indien, Saudi-Arabien und die Philippinen.
Es sind also auch die vertreten, die im Moment vielleicht am meisten leiden unter
Problemen in Sachen Religionsfreiheit und Religions-Dialog.“
Ein Repräsentant
des Päpstlichen Kulturrates erinnerte am Dienstag im Vatikanischen Pressesaal daran,
dass auch einige Nichtglaubende aus westlichen Ländern am Tag von Assisi teilnehmen
werden. Aus dem deutschsprachigen Raum ist das der österreichische Publizist Walter
Beier, früherer Chef der Kommunistischen Partei. Anders als die Religions- und Konfessionsgruppen,
die in die Stadt des heiligen Franziskus kommen, werden die Nichtglaubenden aber keine
eigene Delegation bilden.
„Die Ankündigung dieses Tages des Nachdenkens, des
Dialogs und des Gebets ist in der christlichen Welt sehr lebhaft aufgenommen worden“,
berichtete Andrea Palmieri von Päpstlichen Einheitsrat. Er kündigte an, dass der Ökumenische
Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel selbst kommen werde. Die anglikanische
Weltgemeinschaft werde in Assisi vom Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, vertreten;
für den Weltrat der Kirchen werde sein Generalsekretär stehen, der norwegische Theologe
Olav Fykse Tveit. Aus Rom kommt der jüdische Oberrabbiner Riccardi Di Segni.
Für
den Dialograt des Vatikans kündigte Pier Luigi Celata an, dass bislang 176 Vertreter
verschiedener nicht-christlicher und nicht-jüdischer Religionen ihr Kommen zugesagt
haben. „Ich sage gleich, dass vier Vertreter traditioneller Religionen aus Afrika,
Amerika und Indien erwartet werden. Unter den Hindu-Persönlichkeiten ist auch Rajhmoon
Gandhi, der Neffe von Mahatma Gandhi. Außerdem kommen drei Anhänger der Jain-Religion,
fünf Sikh, ein Zoroastrer und ein Bahai.“
Die Buddhisten schicken 67 Vertreter
in die Stadt des heiligen Franziskus, die Moslems 50. Unter ihnen sind ein Vizeminister
aus Saudi-Arabien, ein Minister aus Marokko und ein Mitglied der königlichen Familie
Jordaniens. Die Zahl der Muslime, die an den päpstlichen Friedenstagen von Assisi
teilnehmen, ist im Lauf der Jahre deutlich gestiegen: 1986 waren nur elf gekommen.
Allerdings wären es am kommenden Donnerstag wohl noch mehr gewesen, wenn jetzt nicht
gerade noch eine andere Wallfahrt im Gang wäre: Die Wallfahrt nach Mekka.