2011-10-18 12:58:58

Vor dem Assisi-Treffen: „Ein Traum, der weitergeht“


RealAudioMP3 Am Donnerstag nächster Woche beten in Assisi Vertreter verschiedener Religionen und Konfessionen für den Frieden in der Welt. Eingeladen hat sie dazu Papst Benedikt XVI., 25 Jahre nach dem ersten Assisi-Treffen dieser Art, das 1986 von Papst Johannes Paul II. ausgerichtet wurde. In Rom wurden an diesem Dienstag Einzelheiten der Initiative vorgestellt.

„Auch heute braucht die Welt Frieden – genauso wie vor 25 Jahren.“ So bringt es Kardinal Peter Turkson vom Päpstlichen Friedensrat auf den Punkt. „Das nächste Assisi-Treffen will die Erfahrung gelebter Brüderlichkeit von 1986 fortsetzen. Es will ein Traum sein, der weitergeht und immer mehr Realität wird.“ Der aus Ghana stammende Kardinal erinnerte die Presse an die vielen Kriegs- und Konfliktbaustellen unseres Planeten: Finanzkrise, Hungerkrise, weltweite Migration von, wie er formulierte, „biblischem Ausmass“. „Noch einmal – denken wir nur an das, was kürzlich in Ägypten geschehen ist – müssen wir Nein sagen zu jeder Instrumentalisierung von Religion. Religiös motivierte Gewalt ist ein Skandal, der das wahre Wesen von Religion entstellt, Gott beleidigt und Menschen vom Glauben abstößt.“

Alle Menschen – ob nun glaubend oder nichtglaubend – seien tief im Innern auf der Suche nach der Wahrheit. Darum lasse sich mit allen ein „Dialog des Lebens und Arbeitens“ führen – auch da wo ein „Dialog über Theologisches oder Fragen der Lehre nicht möglich“ sei. Turkson kündigte an, dass der Papst zunächst am Mittwoch der kommenden Woche keine Generalaudienz halten wird, sondern einen Wortgottesdienst: für ein gutes Gelingen des Donnerstags.

„Am 27. Oktober selbst fahren die Delegationen dann zusammen mit dem Papst im Zug nach Assisi. Dort gibt es zunächst einen Moment des Gedenkens und Vertiefens in der Basilika Santa Maria degli Angeli sowie ein gemeinsames Mittagessen. Im Anschluss hat jeder für sich Gelegenheit zum Nachdenken und Beten. Am Nachmittag werden dann alle Anwesenden zur Basilika San Francesco in der Oberstadt gehen. Das wird ein Pilgerweg, an dem auf seinem letzten Teil auch die Mitglieder der verschiedenen Delegationen teilnehmen. Er symbolisiert den Weg jedes Menschen auf der Suche nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Frieden. Er wird schweigend verlaufen, so dass jeder Gelegenheit zum Beten und Meditieren hat.“

Der Höhepunkt des Assisi-Tags findet dann, wie bei früheren Friedenstreffen, auf dem Platz vor der Unterkirche von San Francesco statt. Dort werden die Teilnehmer ein Friedenslicht entzünden und feierlich ihre Absage an Gewalt bekräftigen – mit einem Text, der schon beim letzten großen Assisi-Friedenstreffen von 2002 formuliert wurde.

„Die Länder der Welt, die in Assisi einen Vertreter haben, sind über fünfzig, darunter auch Ägypten, Israel, Pakistan, Jordanien, Iran, Indien, Saudi-Arabien und die Philippinen. Es sind also auch die vertreten, die im Moment vielleicht am meisten leiden unter Problemen in Sachen Religionsfreiheit und Religions-Dialog.“

Ein Repräsentant des Päpstlichen Kulturrates erinnerte am Dienstag im Vatikanischen Pressesaal daran, dass auch einige Nichtglaubende aus westlichen Ländern am Tag von Assisi teilnehmen werden. Aus dem deutschsprachigen Raum ist das der österreichische Publizist Walter Beier, früherer Chef der Kommunistischen Partei. Anders als die Religions- und Konfessionsgruppen, die in die Stadt des heiligen Franziskus kommen, werden die Nichtglaubenden aber keine eigene Delegation bilden.

„Die Ankündigung dieses Tages des Nachdenkens, des Dialogs und des Gebets ist in der christlichen Welt sehr lebhaft aufgenommen worden“, berichtete Andrea Palmieri von Päpstlichen Einheitsrat. Er kündigte an, dass der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel selbst kommen werde. Die anglikanische Weltgemeinschaft werde in Assisi vom Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams, vertreten; für den Weltrat der Kirchen werde sein Generalsekretär stehen, der norwegische Theologe Olav Fykse Tveit. Aus Rom kommt der jüdische Oberrabbiner Riccardi Di Segni.

Für den Dialograt des Vatikans kündigte Pier Luigi Celata an, dass bislang 176 Vertreter verschiedener nicht-christlicher und nicht-jüdischer Religionen ihr Kommen zugesagt haben. „Ich sage gleich, dass vier Vertreter traditioneller Religionen aus Afrika, Amerika und Indien erwartet werden. Unter den Hindu-Persönlichkeiten ist auch Rajhmoon Gandhi, der Neffe von Mahatma Gandhi. Außerdem kommen drei Anhänger der Jain-Religion, fünf Sikh, ein Zoroastrer und ein Bahai.“

Die Buddhisten schicken 67 Vertreter in die Stadt des heiligen Franziskus, die Moslems 50. Unter ihnen sind ein Vizeminister aus Saudi-Arabien, ein Minister aus Marokko und ein Mitglied der königlichen Familie Jordaniens. Die Zahl der Muslime, die an den päpstlichen Friedenstagen von Assisi teilnehmen, ist im Lauf der Jahre deutlich gestiegen: 1986 waren nur elf gekommen. Allerdings wären es am kommenden Donnerstag wohl noch mehr gewesen, wenn jetzt nicht gerade noch eine andere Wallfahrt im Gang wäre: Die Wallfahrt nach Mekka.

(rv 18.10.2011 sk)








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