Kongress zu Centesimus Annus: Wirtschaft sollte sich mehr um Familien kümmern
Nicht nur die Kirche,
auch die Wirtschaft und die Gesellschaft im ganzen müßten ein Interesse daran haben,
dass es den Familien gutgeht. Das sagte Papst Benedikt an diesem Samstag auf einer
Konferenz im Vatikan.
„Auch die Wirtschaft mit ihren Gesetzen sollte
eigentlich immer den Schutz der Familie, dieser Keimzelle der Gesellschaft, im Auge
haben. Das Wort „Ökonomie“ weist schon in seiner ethymologischen Wurzel auf die Wichtigkeit
der Familie hin: oikia und nomos, das Gesetz des Hauses!“
Vor allem
in der Familie lerne der Mensch „die richtige Haltung für die Gesellschaft, die Arbeitswelt,
die Wirtschaft, das Unternehmen: eine Haltung der Nächstenliebe, eine Logik des Uneigennützigen,
der Solidarität und Verantwortung für die anderen“. Familien erinnerten an das „menschliche
Antlitz, das die Welt der Wirtschaft haben muss“.
„Heute erleben wir
leider neben einer Beschäftigungs- und einer Wirtschaftskrise auch eine Krise der
Familie: Die Konflikte unter Eheleuten, unter den Generationen, der Konflikt zwischen
den Zeiten, die für die Familie und die für den Arbeitsplatz gelten, dazu die Arbeitslosigkeit
– all das schafft eine komplexe Lage des Unbehagens, das das soziale Leben belastet.
Wir bräuchten eine neue Synthese zwischen Familie und Arbeit...“
Es
sei „nicht Aufgabe der Kirche, Wege aus der derzeitigen Krise zu zeigen“, so der Papst.
Dennoch hätten die Christen die Pflicht, „die Übel anzuprangern“ und „die Werte hochzuhalten,
auf denen die Menschenwürde ruht“, darunter eben auch den Wert der Familie. Der Wirtschaftsdozent
Stefano Zamagni von der Uni Bologna zählte für uns einmal auf, was die Familie in
wirtschaftlicher Hinsicht alles „bringt“:
„Sie ist der größte Produzent
von Humankapital. Sie sorgt zweitens für sozialen Ausgleich. Drittens generiert sie
Sozialkapital, weil sie Personen dazu bringt, zu interagieren und sich gegenseitig
zu respektieren. Und das ist die Voraussetzung für Demokratie, wo die Einrichtung
der Familie schwächelt...“
Hintergrund Die Konferenz
im Vatikan galt dem 20. Geburtstag der Sozialenzyklika Centesimus annus von Papst
Johannes Paul II. Kurz nach dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch der Sowjetunion
hatte der Papst darin eine Neuausrichtung der katholischen Soziallehre angesichts
der Veränderungen in der Welt versucht. Bekannt wurde die Enzyklika, die auch an die
hundert Jahre zuvor erschienene große Sozialenzyklika Leos XIII. erinnerte, durch
ihre Kritik am Kapitalismus.