„Das Thema Piusbrüder ... schmerzt uns nach wie vor“: Das hatte der Zentralrat der
Juden in Deutschland Ende September dem Papst bei einer Begegnung in Berlin erklärt.
Die Piusbruderschaft stehe aus jüdischer Sicht „für Fanatismus, Fundamentalismus,
Rassismus, Antisemitismus, ja schlicht für finsterstes Mittelalter und für Unversöhnlichkeit
pur“, hatte der Vorsitzende des Zentralrats, Dieter Graumann, vor Papst Benedikt erklärt.
Darauf antwortet nun die deutsche Piusbruderschaft mit einem Offenen Brief ihres Distriktoberen,
Pater Franz Schmidberger.
„Ist das neue Judentum, das Sie verkünden, auch bereit,
einen Pluralismus innerhalb der nichtjüdischen Welt anzuerkennen?“, so fragt Schmidberger
wörtlich. Mit seiner „Aufzählung von negativ konnotierten Schlagworten“ mache sich
Graumann „zum Gegenpol des Papstes“, der wahrhaftiger für eine „Pluralität der Meinungen“
eintrete. Schmidberger weist darauf hin, dass sich die Piusbrüder „klar und unmissverständlich“
von antisemitischen „Verirrungen“ ihres Bischofs Richard Williamson distanzierten:
„nicht zuletzt wegen des Schmerzes, den solche Worte all jenen zufügen, welche die
sinnlose Verfolgung der Shoah selbst erlebt haben, ihre Nachkommen mit eingeschlossen“.
Aus
Sicht der Piusbrüder ist „der Stein des Anstoßes“ zwischen Zentralrat und Piusbrüdern
aber ohnehin ein anderer, nämlich „einzig und allein die Frage: Ist Jesus Christus,
der Sohn Mariens, der dem Judenvolk verheißene Erlöser oder nicht.“ Zum Beleg zieht
Schmidberger eine Äußerung von Graumanns Vorgängerin Charlotte Knobloch heran. Diese
hatte die katholische Karfreitagsfürbitte im alten Messritus für die Bekehrung der
Juden im Vergleich zu Williamsons Äußerungen zur Shoah „eine noch größere Diskriminierung“
genannt. Schmidberger betont nun, dass Jesus Erlöser für Heiden und Juden sei: „Es
gibt keinen unterschiedlichen Heilsweg für Juden und Nichtjuden, weil Jesus Christus
selber seiner Herkunft nach Jude ist.“ Was folgt in dem Offenen Brief, ist eine deutliche
Absage an Gewalt, aber nicht explizit an eine Mission unter Juden. Der leidende Jesus
am Kreuz bringe „den wahren Frieden auf Erden, nicht eine sich ewig wiederholende
Gewaltspirale von „heiligem Krieg“ und „Vergeltungsschlag“, wie dies heute im Land
Ihrer Väter praktiziert wird“.
Papst Benedikt XVI. strebt in seinem Pontifikat
eine Aussöhnung der katholischen Kirche mit der schismatisch orientierten Piusbruderschaft
an. Derzeit berät die Gruppe über einen Forderungskatalog des Heiligen Stuhles, der
die Voraussetzung für eine eventuelle Rückkehr zur Einheit mit Rom wäre. Die Piusbruderschaft
feiert die Liturgie ausschließlich in der außerordentlichen Form des römischen Ritus
und vertritt theologische Positionen, die teilweise nicht im Einklang mit dem katholischen
Lehramt stehen.