Polen hat einen neuen
Regierungschef gewählt. Am Sonntag haben die Wähler den bisherigen Premierminister
Donald Tusk in sein Amt bestätigt. Was aber viele Beobachter erstaunt, ist das Resultat
der antiklerikalen Protestpartei von Janusz Palikot. Diese politische Gruppe hat fast
zehn Prozent Stimmenanteil in dem katholischen Land erreicht. Auch Tusk selber gehört
einer liberalen Partei an. Diese Wahlresultate seien kein Zeichen einer „Entchristlichung
Polens“, sagt der Programmdirektor von Radio Vatikan, der polnische Jesuitenpater
Andrzej Koprowski.
„Ich würde eher von einer Spaltung der polnischen Gesellschaft
sprechen. Wir haben auf der einen Seite eine steigende Zahl von jungen Menschen, die
sich immer mehr der katholischen Kirche zuwenden und auf der anderen Seite ist auch
die Zahl derer gestiegen, die sich von der Kirche entfernt haben. Dennoch bin ich
zuversichtlich für die Zukunft. Auch wenn ich feststellen muss, dass die polnische
Gesellschaft heute eher orientierungslos erscheint.“
Auch für die deutsch-polnischen
Beziehungen ist das Wahlergebnis ein positives Signal: Donald Tusks unterlegener Kontrahent
Jaroslaw Kaczynski hatte im Wahlkampf Bundeskanzlerin Angela Merkel angegriffen und
ihr unterstellt, Polen „unterwerfen“ zu wollen. Die deutsch-polnische Beziehung sei
gerade für die Zukunft Europas wichtig, sagt Pater Koprowski.
„Jede europäische
Gesellschaft, sei es die deutsche als auch die polnische, steht vor großen Herausforderungen,
die die Zukunft Europas gleichermaßen betreffen. Es herrscht die Tendenz einer Ablehnung
des Konzepts des Naturrechts und gleichzeitig die Bekräftigung des Individualrechts.
Doch das birgt Gefahren, wie gerade Papst Benedikt bei seiner Deutschlandreise gesagt
hat. Damit stünde Europa ohne eine eigene Kultur da und würde Gefahr laufen, sich
radikalen und extremistischen Strömungen zuzuwenden.“