Der Ökumenischer Notenschlüssel für die Neuevangelisierung
Die erneuerte Evangelisierung
kann nur mit einem ökumenischen Notenschlüssel glaubwürdig wahrgenommen werden. Das
sagte der Ökumenebeauftragte des Vatikan, Kardinal Kurt Koch, in seinem Eröffnungsvortrag
für das neue Studienjahr im Stift Heiligenkreuz im Wienerwald an diesem Dienstag.
Die Trennung der Christen, obwohl sie doch an den einen Herrn Jesus Christus glaubten,
sei das große Ärgernis und der Skandal, der die Glaubwürdigkeit der Botschaft verdunkle.Schon
seit Beginn der ökumenischen Bewegung vor 100 Jahren in Edinburgh hätten sich Ökumene
und Evangelisierung als „Zwillingsschwestern“ erwiesen, so Koch.
„Die ökumenische
Bewegung muss sich deswegen in besonderer Weise in den Dienst der Neuevangelisierung
Europas stellen, und zwar in der Überzeugung, die Kardinal Walter Kasper prägnant
so formuliert hat: ‚Wenn wir gemeinsam Zeugnis geben, wird unsere Stimme glaubwürdiger
sein’.“
Heute zeigten sich neue Möglichkeiten zur Überwindung der Spaltung,
etwa durch eine neue Konzentration auf eine gemeinsame Linie in ethischen Fragen,
so Koch. Weiter unterstrich er, dass das Projekt der Neuevangelisierung gerade auch
in der zentralen Konzentration auf die Gottesfrage auf die Ökumene verweise: Heute
sei es diese Gottesfrage, die viele Menschen bewege und die damit auch an die ökumenischen
Türen klopfe. Angesichts einer weitgehenden Verdrängung der Kirchen aus der Öffentlichkeit
und einer zugleich auftretenden „neuen Götterdämmerung" in Form einer „Vergötzung
irdischer Wirklichkeiten" sei eine „Neuevangelisierung in ökumenischer Offenheit"
massiv gefragt, etwa bei der Verteidigung der Menschenwürde oder im Lebensschutz. Die
Spaltung der Christen, besonders die im 16. Jahrhundert erfolgte, sei letztlich auch
verantwortlich für die Säkularisierung Europas:
„Als Christen in Europa
dürfen wir aus unserem historischen Gedächtnis die Tatsache nie verdrängen, dass die
neuzeitliche Erklärung des christlichen Glaubens zur reinen Privatsache des einzelnen
Menschen mit seiner Abdrängung aus der gesellschaftlichen Öffentlichkeit in einer
tragischen Weise vom Christentum selbst verschuldet ist.“
Heute gehe es
darum, gemeinsam einen positiven Missionsbegriff zurückzugewinnen, der die Verbreitung
des Glaubens als einen „freiheitlichen Vorgang der Kommunikation" und als einen „belebenden
Dialog" verstehe.