2011-10-04 13:24:05

Syrien: „Christen sollen sich am friedlichen Umbruch beteiligen“


RealAudioMP3 Die Gewalt in Syrien nimmt zu, die Wege des Dialoges drohen sich zu schließen. Das beobachtet der in Syrien wirkende italienische Jesuitenpater Paolo Dall’Oglio. Am Wochenende griffen die Sicherheitskräfte des al-Assad-Regimes abermals hart gegen Regimegegner durch. Der UNO-Weltsicherheitsrat stimmt an diesem Dienstag über eine Resolution ab, die das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten verurteilen soll. Dall’Oglio leitet das syrische Kloster Deir Mar Musa al-Habashi, das hundert Kilometer nördlich von Damaskus liegt. Er hat die Hoffnung auf internationale Vermittlung zwischen den Konfliktparteien noch nicht aufgegeben. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagt der Pater:

„Die Gewalt nimmt ganz klar zu. Was an Verhandlungen durch die Hilfe internationaler Vermittler in den letzten Monaten möglich war, ist heute schwieriger, auch wenn wir uns da weiter Unterstützung wünschen. Es gibt derzeit starke Polarisierungen durch Gruppen, die versuchen, von außen für Syrien eine Art neue Regierung zu organisieren, die dann nach der Revolution an die Macht käme. Aber so weit sind wir noch lange nicht: Viele Leute halten hier zur Regierung und zum Präsidenten, es gibt nicht diesen überwältigenden Willen nach Veränderung. Deshalb haben wir große Angst vor einem Bürgerkrieg.“

Der syrisch-melkitische Patriarch Gregorius III. Laham hatte den Westen zur Zurückhaltung aufgerufen. Anders als Dall’Oglio meint er, Reformen in Syrien seien schon in Sicht, man solle das Land jetzt seinen eigenen Weg finden lassen. Der höchste katholische Würdenträger im Nahen Osten wandte sich im Gespräch mit Radio Vatikan damit gegen jede Form der Einmischung, von den Forderungen der Aufständischen hatte er sich abgegrenzt. Auch Dall’Oglio wendet sich gegen militärische Interventionen von außen in Syrien. Allerdings wünscht sich der Jesuit neben internationaler Dialoghilfe auch mehr Beteiligung der syrischen Christen am Prozess einer friedlichen Veränderung. Mit dem arabischen Frühling sei auch in Syrien ein Umbruch nicht mehr abzuwenden, meint Dall'Oglio:

„Ich denke, die Christen sollten mit dieser neuen Realität klar kommen und ihre Beteiligung dafür anbieten. Sie sollten eine Art Meniskus im Knie des Landes sein und ihre Fähigkeiten zur Vermittlung in den verschiedenen Bereichen einbringen. Wir arbeiten mit der Idee einer Demokratie des Konsenses, es soll hier nicht um eine Diktatur der strikten Mehrheit gegenüber einer Minderheit gehen. Wir müssen an einer Alternative dazu arbeiten.“

Potential sieht der Geistliche in der jungen Generation des Landes. Im Rahmen einer Gebetswoche, die gerade im Kloster Mar Musa zu Ende ging, seien Jugendliche aus allen Landesteilen gekommen, die sich für einen friedlichen Umbruch stark gemacht hätten. Voraussetzung für einen solchen Prozess sei aber die Garantie von Meinungs- und Pressefreiheit. Diese sei in der aktuellen Lage mitnichten gegeben, so Dall’Oglio. Auch deshalb sei eine „kohärente Beschreibung“ der Situation nahezu unmöglich.

(rv 04.10.2011 pr)









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