2011-10-01 12:35:39

Schuldenkrise in Griechenland: „Wir sitzen alle im selben Boot"


RealAudioMP3 Wie kann sich Griechenland aus dem Schuldenstrudel befreien? Seit eineinhalb Jahren stützen die Mitgliedsländer der EU das hoch verschuldete Griechenland mit milliardenschweren Garantien vor dem finanziellen Zusammenbruch. Trotzdem gibt es nur wenig Hoffnung, dass die griechische Wirtschaft in absehbarer Zeit wieder auf die Beine kommt. Wir haben mit Professor Bernhard Emunds vom Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik an der katholischen Hochschule St.Georgen in Frankfurt am Main über die Moral der griechischen Schuldenkrise gesprochen:

„Ich glaube, dass wir zuerst einmal sagen müssen, dass der Euro der deutschen Bundesrepublik sehr, sehr viele Vorteile gebracht hat. Den Euro jetzt aufrechtzuerhalten müssen wir uns jetzt auch etwas kosten lassen. Oder, stärker von der christlichen Sozialtradition her gedacht: Da ist der zentrale Wert, die zentrale Leitlinie die Solidarität. Dass wir füreinander einstehen, aber kein blindes füreinander Einstehen ist. Pater von Nell-Breuning (1890-1991, deutscher Theologe, Nationalökonom und Sozialphilosoph, Anm.d.Red.) hat es immer auf die Formel gebracht: Solidarität bedeutet, wir sitzen in einem Boot. Das heißt, keiner von uns kann eigene Interessen ohne Rücksicht auf die anderen verfolgen, sondern muss immer schauen, welche Folgen das eigene Handeln für die anderen hat. Ansonsten ist langfristig der Schaden auf allen Seiten sehr, sehr groß.“

Zu viele Importe, eine lahmende Wirtschaft, hohe Staatsschulden. Ein Teil der Probleme Griechenlands sei die Kehrseite der Stärke der deutschen exportorientierten Wirtschaft, so Professor Emunds. Das jetzige Garantieren der Schulden, ohne die Schulden zu reduzieren, komme aber nicht den verschuldeten südeuropäischen Ländern zu Gute, sondern vor allem deutschen und französischen Großbanken. Professor Emunds schließt sich der Meinung der so genannten Wirtschaftsweisen der deutschen Regierung an, die einen Schuldenschnitt vorschlagen, also einen Teil der Schulden Griechenlands zu erlassen:

„Ich würde davon abraten, dass man jetzt die griechischen Schulden wie auch weitere Schulden anderer Länder einfach „en bloc“ garantiert. Der nächste Schritt müsste sein, dass es eine Schuldenreduktion gibt, dass ein Teil der Schulden diesen Ländern erlassen wird, weil sie die letztendlich nie zurückzahlen werden können. Der zweite Schritt wäre, dass man weiß, dass dies sicher negative Rückwirkungen auf einen Großteil der Banken haben wird und dass da der Staat bereit steht, um sichernd einzugreifen.“

(rv 01.10.2011 ak)








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