Schuldenkrise in Griechenland: „Wir sitzen alle im selben Boot"
Wie kann sich Griechenland
aus dem Schuldenstrudel befreien? Seit eineinhalb Jahren stützen die Mitgliedsländer
der EU das hoch verschuldete Griechenland mit milliardenschweren Garantien vor dem
finanziellen Zusammenbruch. Trotzdem gibt es nur wenig Hoffnung, dass die griechische
Wirtschaft in absehbarer Zeit wieder auf die Beine kommt. Wir haben mit Professor
Bernhard Emunds vom Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik an der katholischen
Hochschule St.Georgen in Frankfurt am Main über die Moral der griechischen Schuldenkrise
gesprochen:
„Ich glaube, dass wir zuerst einmal sagen müssen, dass der Euro
der deutschen Bundesrepublik sehr, sehr viele Vorteile gebracht hat. Den Euro jetzt
aufrechtzuerhalten müssen wir uns jetzt auch etwas kosten lassen. Oder, stärker von
der christlichen Sozialtradition her gedacht: Da ist der zentrale Wert, die zentrale
Leitlinie die Solidarität. Dass wir füreinander einstehen, aber kein blindes füreinander
Einstehen ist. Pater von Nell-Breuning (1890-1991, deutscher Theologe, Nationalökonom
und Sozialphilosoph, Anm.d.Red.) hat es immer auf die Formel gebracht: Solidarität
bedeutet, wir sitzen in einem Boot. Das heißt, keiner von uns kann eigene Interessen
ohne Rücksicht auf die anderen verfolgen, sondern muss immer schauen, welche Folgen
das eigene Handeln für die anderen hat. Ansonsten ist langfristig der Schaden auf
allen Seiten sehr, sehr groß.“
Zu viele Importe, eine lahmende Wirtschaft,
hohe Staatsschulden. Ein Teil der Probleme Griechenlands sei die Kehrseite der Stärke
der deutschen exportorientierten Wirtschaft, so Professor Emunds. Das jetzige Garantieren
der Schulden, ohne die Schulden zu reduzieren, komme aber nicht den verschuldeten
südeuropäischen Ländern zu Gute, sondern vor allem deutschen und französischen Großbanken.
Professor Emunds schließt sich der Meinung der so genannten Wirtschaftsweisen der
deutschen Regierung an, die einen Schuldenschnitt vorschlagen, also einen Teil der
Schulden Griechenlands zu erlassen:
„Ich würde davon abraten, dass man jetzt
die griechischen Schulden wie auch weitere Schulden anderer Länder einfach „en bloc“
garantiert. Der nächste Schritt müsste sein, dass es eine Schuldenreduktion gibt,
dass ein Teil der Schulden diesen Ländern erlassen wird, weil sie die letztendlich
nie zurückzahlen werden können. Der zweite Schritt wäre, dass man weiß, dass dies
sicher negative Rückwirkungen auf einen Großteil der Banken haben wird und dass da
der Staat bereit steht, um sichernd einzugreifen.“