2011-09-29 14:08:10

Deutschland: „Ökumene ist kein Fingerhakeln"


RealAudioMP3 Papst Benedikt hat sich bei seinem Deutschlandbesuch in einer „ökumenischen Offenheit“ und gleichzeitig „theologischem Tiefgang“ gezeigt, „von dem wir alle lernen können“. So resümiert der deutsche Ökumene-Bischof Gerhard Ludwig Müller die Begegnungen in Erfurt. Benedikt XVI. sei es nicht auf „Effekthascherei“ angekommen, sondern auf das Wesentliche, nämlich die Gottesfrage und „die Verwirklichung der Gottesfrage in der Kirche“, sagte Müller im Gespräch mit Radio Horeb.

„Es gab von evangelischer Seite ja auch viele gute Reaktionen, in denen man erkannte, worum es geht. Wenn man – im alten Sinn – Ökumene als „Fingerhakeln“ betreibt, wer ist am Schluss der Gewinner, dann kann man vielleicht enttäuscht sein. Aber das kann man zurückgeben: Auch wir könnten enttäuscht sein und äußern, dass da vielleicht die evangelische Seite zu wenig dem Papst entgegengekommen ist in diesen zentralen Fragen, die uns bewegen.“

Konkret nannte Müller das Thema der Sakramentalität der Kirche, also „was Kirche ist“. Dieses Thema werde „sehr wenig gewürdigt“, sei aber zentral für das Anliegen der gemeinsamen Eucharistiefeier.

„Dieser Weg, den wir (als Katholiken) gehen, der geht nur über die Einheit im Kirchenverständnis. Das umfasst auch das Verständnis des sakramentalen Bischofsamtes und das Verständnis des Papstes als Nachfolgers Petri.“

Für die katholische Kirche seien diese Fragen nicht etwa nebensächlich, sondern „wichtig, entscheidend und konstitutiv für die Kirche“.

„Deshalb ist diese Äußerung von manchen in der Öffentlichkeit wirklich schädlich für die Ökumene, wenn man den Papst ständig unter die Bringschuld führt: Der Papst muss ein Gastgeschenk mitbringen, dann fragt man ja auch einmal, was die Gastgeber selber für Geschenke bringen.“

Papst Benedikt habe in Erfurt aber ohnehin ganz deutlich gesagt, dass die Wahrheit nicht verhandelbar sei wie unter Tarifpartnern bei der Gewerkschaft.

„Sondern es kann nur eine Annäherung geben, indem wir tiefer hineingeführt werden in das Verständnis der uns allen gemeinsame gegebeben, geoffenbarten Wahrheit.“

Auf evangelischer Seite hatten einige Kommentatoren beanstandet, Papst Benedikt habe in Erfurt den Reformator Martin Luther nicht genug gewürdigt. Dazu sagte Bischof Müller:

„Der Papst ist bis an die Grenze dessen gegangen, was man von katholischer Seite ehrlich zu Luther sagen kann. Er sagte, die Luther bewegende Frage nach dem gnädigen Gott ist eine Frage, die wir uns alle zu eigen machen sollen, gerade heute in einer säkularisierten Zeit, wo der Glaube und die christliche Religion nur funktionalistisch gesehen werden, ist doch die große Thematik und Herausforderung, dass wir uns gemeinsam auf die Wurzeln beziehen: Es geht um Gott, es geht um Jesus Christus. Und diese Konzentration auf Christus als den einzigen Erlöser und Retter aller Menschen, das ist, was der Papst gesagt hat, das Thema bei Luther, das uns zueinander bringen kann.“

Gleichzeitig zog Bischof Müller eine klare Grenze zum Verständnis Martin Luthers aus katholischer Sicht. Es widerspreche dem katholischen Glauben zu meinen, über viele Jahrhunderte sei das Evangelium verdeckt gewesen, und dann habe Martin Luther es wieder entdeckt. Es könne nicht erwartet werden, dass der Papst und die katholische Kirche Martin Luther „gleichsam als zweite Offenbarungsgestalt neben Jesus Christus“ akzeptieren würde.

„Die definitiven Widersprüche Luthers zum katholischen Glauben können und werden von uns niemals akzeptiert werden. Das ist ja immer latent vorhanden in diesem ständigen Drängen, wir müssen noch mehr sagen über Luther: Da wird eigentlich von uns verlangt, wir sollten sozusagen im Zug einer Nachhol-Ökumene evangelisch werden, und das wird einfach nicht der Fall sein.“

Müller würdigte „viele gute, verständige, ehrliche und fromme Gesprächpartner“ auf evangelischer Seite. Indes habe er bei manchen Stimmen Bedenken, „ob es da wirklich um Ökumene und echte Begegnung geht, oder ob sie einfach meinen, die Katholiken müssen im Nachhinein nach 500 Jahren den protestantischen Glauben annehmen – das geht einfach nicht.“

(Radio Horeb 29.09.2011 gs)








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