Papst Benedikt XVI. stärkt das Gericht der Römischen Rota. Mit einem Erlass, der am
Dienstag Abend veröffentlicht wurde, werden dem zweithöchsten Gerichtshof der Kirche
neue Kompetenzen übertragen. Dabei geht es um Verfahren zur Ehe-Annullierung sowie
zur Nichtigkeitserklärung von geistlichen Weihen. Bisher lagen diese Kompetenzen bei
der Liturgiekongregation. Sie soll sich nach dem Papst stärker auf die Förderung der
Liturgie konzentrieren.
„Quaerit semper, er bemüht sich immer“ – so heißt das
„Motu proprio“ Benedikts, das das Datum 30. August trägt, aber schon seit einiger
Zeit erwartet wurde. Der Heilige Stuhl versuche „immer, seine Struktur an die pastoralen
Bedürfnisse der Zeit anzupassen“, schreibt der Papst. Und er weist der Römischen Rota
nun auch die Kompetenz zu, geschlossene, aber „nicht vollzogene“ Ehen für ungültig
zu erklären. Die Rota kann, dem christlichen Bild von Ehe und Familie verpflichtet,
keine Ehen scheiden, sondern nur „annullieren“, also auflösen, wenn sie für nicht
gültig erkannt werden. Fälle von „nicht vollzogenen“ Ehen werden vor allem aus Asien
gemeldet, wo Minderjährige von den Eltern arrangierte Ehen eingehen. Jährlich werden
rund 500 solcher Fälle an den Vatikan überwiesen. Generell ist die Rota seit ihrer
Wiederbegründung zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter Papst Pius X. für Annullierungs-Fälle
zuständig. Mit der neuen Verfügung sind ihre Kompetenzen in dieser Hinsicht nun komplett.
Am
1. Oktober tritt außerdem die neue Norm in Kraft, dass die Richter der Rota auch über
die Nichtigkeit einer geistlichen Weihe, vor allem der Priesterweihe, befinden dürfen.
Der Papst erwähnt in seinem Apostolischen Brief, dass der Präfekt der Liturgiekongregation
die Kompetenzverschiebungen selbst vorgeschlagen habe. Wegen der Änderungen wird in
der Rota eine neue Abteilung gegründet. Der Dekan des Gerichts, Antoni Stankiewicz,
dankt dem Papst in einem Kommentar im „Osservatore Romano“ für dessen Vertrauen in
die „mehrere Jahrhunderte umspannende juridische Erfahrung“ der Rota. Eine Entmachtung
der Liturgiekongregation unter Kardinal Antonio Canizares bedeuten die neuen Verfügungen
nicht: Angesichts des Interesses Benedikts an der Liturgie und angesichts der Wiederaufwertung
der Messe im „Alten Ritus“ gehört die Liturgiekongregation weiter zu den wichtigsten
Ministerien im Vatikan.