Nahezu alle Zeitungen berichten an diesem Montag auf ihren Titelseiten ausführlich
über die Papstreise nach Deutschland; auch im deutschen Fernsehen wurde der
Abschluss des Besuches am Sonntagabend übertragen und kommentiert. Die Zeitungen bilden
die Reise einerseits als erfolgreiches und schönes Glaubensfest ab. Weiter gehen sie
ausführlich auf Kritik und Reaktionen ein und leiten aus Benedikts Worten ganz unterschiedliche
Fragen ab: die Papstreise hat ganz offensichtlich in mehrere Richtungen zu denken
gegeben.
Die „Süddeutsche Zeitung“ und „Die Welt“ heben Benedikts
Appell zur Vatikantreue auf ihre Titelseiten: „Die Kirche in Deutschland wird für
die weltweite katholische Gemeinschaft weiterhin ein Segen sein, wenn sie treu mit
den Nachfolgern des heiligen Petrus und der Apostel verbunden bleibt“, hatte der Papst
beim größten Gottesdienst der Reise in Freiburg gesagt.
Die Papstreise habe
die Vitalität des Katholizismus in Deutschland aufgezeigt, heißt es in einem Leitartikel
der Zeitung „Die Welt“, der die insgesamt große Beteiligung und Zustimmung der Bevölkerung
bei den Reden und Messen des Papstes unterstreicht. Atheismus in Deutschland sei keine
wirkliche Gefahr, und das könne für Benedikt XVI. „Trost und Bestätigung sein“, schreibt
darin Matthias Kamann. Zur gegenseitigen Anerkennung von Kirchenspitze und Kirchenbasis
habe die Reise beigetragen. Der evangelischen Kirche habe der Papst allerdings die
Orthodoxen „vorgezogen“, fährt Kamann fort, der eine „Eiszeit“ im Verhältnis von Katholiken
und Protestanten vorhersagt – auch wenn die christlichen Bürger in Deutschland „in
Heiratsverhalten, Alltagshandeln und auch Glaubensleben“ konfessionelle Grenzen „viel
früher“ überwunden hätten, „als es den Bischöfen möglich war“.
Der Papst habe
auf der Reise durch Deutschland „manches überhört“, meint die „Süddeutsche Zeitung“,
die die Mahnung Benedikts XVI. zur Romtreue als Deckelung des Dialogprozesses und
Absage an reformwillige Katholiken interpretiert. In einem Beitrag über die Messe
vom Sonntagmorgen mit rund 100.000 Menschen, darunter vielen Jugendlichen, attestiert
das Blatt der „Generation Benedikt“ Papstnähe und zugleich „Selbstbewusstsein“. Auf
die Frage hin, ob sie sich in ihrer Lebensführung an der Meinung des Papstes orientieren,
hatte die Mehrheit der rund 30.000 Jugendlichen beim Vorprogramm der Vigilfeier am
Samstag mit „nein“ gestimmt. Die „Badische Zeitung“ wertet das als Zeichen
dafür, dass Papstkritik kein Anligen der Jugend mehr sei, sondern „innerkirchlich
vor allem von denen getragen wird, die sich vom Zweiten Vatikanischen Konzil mehr
Reformen erhofften“.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hebt Teile
der Papstrede im Freiburger Konzerthaus auf ihre Titelseite und dokumentiert die ganze
Ansprache im Innenteil im genauen Wortlaut. Benedikt XVI. hatte in seinen Ausführungen
zum Wesen und zur Rolle der Kirche die seiner Meinung nach notwendige „Distanz“ der
Kirche zu ihrer Umgebung betont und unterstrichen, dass das missionarische Zeugnis
einer entweltlichten Kirche „klarer zutage“ trete. Im Bericht zur Abschlussmesse vom
Sonntag zitiert das Blatt auch Pilger, bei denen dieser Gedanke des Papstes auf Unverständnis
stößt. Benedikts Kirchenverständnis habe „keine Spielräume für eine Änderung der Ämterstruktur
in der Kirche“ gelassen, kommentiert das Blatt die Konzerthausrede des Papstes. In
seiner Passage über den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche habe Benedikt
XVI. das Wort „Missbrauch“ nicht ausgesprochen, merkt die Zeitung an.
Papst
Benedikt XVI. habe die katholische Kirche „durch die Blume verurteilt“, dabei habe
diese ihn doch eigentlich eingeladen, schreibt „Die Tageszeitung“ zur Konzerthausrede
und den päpstlichen Worten bei der Abschiedsmesse auf dem Freiburger Flughafengelände.
Das sei „etwas unhöflich“ gewesen, so die TAZ.
Die „Badische Zeitung“ räumt
dem Abschluss des Papstbesuches mit sieben Seiten viel Platz in ihrer Montagsausgabe
ein. Ausführlich berichtet die Zeitung von den Freiburger Gottesdiensten mit dem Papst
– für die hätten viele junge Katholiken „Wochenende und Nachtschlaf“ geopfert. Bei
diesen Begegnungen, an denen zahlreiche junge Gläubige teilnahmen, habe der Papst
deutlich gemacht, dass die Kirche lebt und den stärkenden Charakter der Gemeinschaft
betont, so der Grundtonus der Artikel. Mit seiner Bemerkung, Agnostiker und Kirchenkritiker
seien Gott oft näher als manch ein kirchentreuer Routinier habe den Besuchern Diskussionsstoff
mit auf den Weg gegeben.
Die Papstrede im Konzerthaus sei „ehrlich“ und „ohne
rhetorischen Weihrauch“ gewesen, schreibt das Blatt weiter: „Benedikt hat nicht bestritten,
dass man Glauben gesellschaftlich nicht erzwingen kann, aber vor den Folgen der Verhandelbarkeit
von Werten gewarnt“. Immer wieder habe der Papst während seiner Deutschlandreise unerwartete
Themen angesprochen, die verschiedenen Stationen der genutzt, „um seine Argumentation
logisch zu entfalten“. Der Dialogprozess sei zwar nur „am Rande“ erwähnt worden, erstmals
habe sich ein Papst überhaupt Zeit für die Begegnung mit der offiziellen deutschen
Laienvertretung genommen, schreibt die „Badische Zeitung“ über das Treffen mit dem
ZdK.
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück,
sieht die Arbeit des höchsten Laiengremiums der Katholiken bestätigt. „Der Papst hat
unsere Arbeit gewürdigt“, sagte Glück im ZDF. Zugleich nannte der CSU-Politiker
den Papstbesuch „ein großes Fest des Glaubens“. Es habe gezeigt, „dass die Katholiken
in Deutschland nicht so distanziert zu ihrem Papst stehen, wie das im Vorfeld immer
behauptet worden ist“.
Auch andere Prominente aus Politik, Kirche und Gesellschaft
hatten am Wochenende ein erstes positives Fazit zur Papstreise gezogen. Bundestagsvizepräsident
Wolfgang Thierse würdigt in der Montagsausgabe der „Saarbrücker Zeitung“ das
Ökumenetreffen von Erfurt mit den Worten, Benedikt XVI. habe die Gemeinsamkeiten zwischen
den Christen beider Konfessionen betont. „Auf der Basis dieser grundlegenden Gemeinsamkeit
des Glaubens kann man weiter gehen - bis zur gemeinsamen Feier des Reformationsjubiläums
im Jahr 2017“, meinte der SPD-Politiker, der auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen
Katholiken (ZdK) ist. Ähnlich äußert sich Thierses Amtskollegin Katrin Göring-Eckardt
in der Wochenzeitung „Das Parlament“. Darin bezeichnet die Grünen-Politikerin, die
als Präses der Synode der evangelischen Kirche an dem Treffen in Erfurt teilnahm,
die Zusammenkunft als „bedeutendes Signal“.