„Keiner soll alleine
glauben“: Ein Spruchband am Mariendom in Erfurt direkt neben dem Papstaltar bindet
sehr gut zusammen, wofür der zweite Teil der Reise Papst Benedikt XVI. nach Deutschland
steht.
Die Medien werden dominiert vom Wort „Enttäuschung“, aber die Menschen,
mit denen ich gesprochen habe, sehen einen anderen Besuch. Während die 90.000 in Etzelsbach
auf den Papst warteten, stimmten sie spontan – es war gerade keine Musik – ein ‚Großer
Gott wir loben dich’ an. Sowohl auf dem Feld zur Vesper als auch zur großen Messe
auf dem Domplatz zu Erfurt herrschte eine freudige, erwartungsvolle und auch geistliche
Stimmung.
Der Papst sprach beide male über die Situation der Menschen hier,
über die Diktaturen der Vergangenheit und auch über die Herausforderungen der Gegenwart,
durch Diaspora und Glaubensverlust.
Aber auch das Treffen von Erfurt, die Begegnung
und der ökumenische Gottesdienst, waren Höhepunkte der Reise. Ich habe einen Papst
gehört, der das Suchen und Ringen Martin Luthers ausdrücklich würdigte und damit –
auch wenn er die Worte nicht gebrauchte – die Einschätzung von Präses Nikolaus Schneider
teilte, Luther sei mehr ein Scharnier zwischen den Konfessionen denn Ort der Trennung.
Gewiss,
es hat nicht die schnellen Lösungen gegeben. Die hoch gesteckten und leider auch überzogenen
Erwartungen im Vorfeld konnten gar nicht erfüllt werden. Aber Benedikt XVI., und so
haben es auch die Beteiligten nach dem Treffen gesehen, hat die Grundlagen einer jeden
möglichen Ökumene abgesteckt: Den gemeinsamen Glauben an Jesus, den gemeinsamen Auftrag,
diesen Glauben zu bezeugen und ihn weiterzugeben. Wie sehr das Motivation oder Anstoß
war, das werden wir in den nächsten Monaten und Jahren erst noch sehen.
Erfurt
und Etzelsbach: ‚Wie den Glauben konkret gemeinsam leben?’ So würde ich eine vorsichtige
Überschrift über diese Tage setzen. „Glaube ist immer auch wesentlich Mitglauben“,
in den Worten des Papstes gesagt. Das bindet die Ereignisse dieser Tage zusammen:
Mitglauben in der Diaspora, Mitglauben in der wieder gewonnenen Freiheit, Mitglauben
in den Herausforderungen der Glaubensverdunstung, Mitglauben in der Ökumene.
(rv
24.09.2011 ord)
Pater Bernd Hagenkord SJ leitet das deutschsprachige
Programm von Radio Vatikan.