Während seines Fluges
nach Deutschland hat Papst Benedikt XVI. Verständnis für die Proteste in seinem Heimatland
geäußert. „Proteste sind normal in einem säkularisierten demokratischen Land“, sagte
Benedikt XVI. in einem kurzen Gespräch mit den mitreisenden Journalisten. Die Fragen
stellte Vatikansprecher P. Federico Lombardi:
„Eure Heiligkeit, erlauben
Sie uns zuerst eine sehr persönliche Frage: Wie deutsch fühlt sich Papst Benedikt
noch? Und woran bemerkt er, wie sehr oder zunehmend wenig seine deutsche Herkunft
eine Rolle spielt?“
Papst Benedikt XVI.: „Hölderlin hat gesagt: Am
meisten vermag doch die Geburt, und das spüre ich natürlich auch. Ich bin in Deutschland
geboren und die Wurzeln kann nicht abgeschnitten werden und soll nicht abgeschnitten
werden. Ich habe meine kulturelle Formung in Deutschland empfangen. Meine Sprache
ist Deutsch und die Sprache ist die Weise, in der der Geist lebt und wirksam wird.
Meine ganze kulturelle Formung ist dort geschehen. Wenn ich Theologie treibe, tue
ich das aus der inneren Form heraus, die ich an den deutschen Universitäten gelernt
habe und leider muss ich gestehen, dass ich immer noch mehr deutsche als andere Bücher
lese, so dass in meiner kulturellen Lebensgestalt dieses Deutschsein sehr stark ist.
Die Zugehörigkeit zu dieser eigenen Geschichte mit ihrer Größe und ihrer Schwere kann
und soll nicht aufgehoben werden.
Aber bei einem Christen kommt noch
etwas anderes hinzu; er wird in der Taufe neu geboren, in ein neues Volk aus allen
Völkern hinein, in ein Volk, das alle Völker und Kulturen umfasst und in dem er nun
wirklich ganz zu Hause ist, ohne seine natürliche Herkunft zu verlieren. Wenn man
dann eine große Verantwortung wie ich die oberste Verantwortung in diesem neuen Volk
übernimmt, ist klar, dass man immer tiefer in dieses hinein wächst. Die Wurzel wird
zum Baum, der sich vielfältig erstreckt und das Daheimsein in dieser großen Gemeinschaft
eines Volkes aus allen Völker der katholischen Kirche wird lebendiger und tiefer,
prägt das ganze Dasein, ohne das Vorherige aufzuheben. So würde ich sagen: Es bleibt
die Herkunft, es bleibt die kulturelle Gestalt, es bleibt natürlich auch die besondere
Liebe und Verantwortung, aber eingebettet und ausgeweitet in die große Zugehörigkeit,
in die Civitas Dei hinein, wie Augustinus sagen würde, das Volk aus allen Völkern,
in dem wir alle Brüder und Schwestern sind.“