2011-09-19 13:40:42

Monsignor Türk: „In ökumenischer Hinsicht ein Meilenstein“


RealAudioMP3 Auch wenn es wohl keinen „großen Durchbruch“ geben wird – auf dem Weg der Ökumene wird der Papstbesuch in Deutschland dennoch ganz sicher ein „Meilenstein“. Das unterstreicht wenige Tage vor dem Eintreffen Benedikts XVI. in Deutschland Matthias Türk von Päpstlichen Rat für die Einheit der Christen. Beim Treffen des Papstes mit Vertretern der evangelischen Kirche werde es wohl um Grundfragen der Rechtfertigungslehre gehen, meint Türk. Ein gemeinsames Dokument zum Thema wurde von Vertretern der römisch-katholischen Kirche, des Lutherischen Weltbundes und dem Weltrat methodistischer Kirchen 1999 feierlich in Augsburg unterzeichnet; Josef Ratzinger wirkte damals maßgeblich an dem Papier mit. Im Gespräch mit Radio Vatikan erläutert Monsignore Türk weiter, welche Bedeutung der geschichtsträchtige Ort Erfurt hat, wo der Papst kommenden Freitag EKD-Vertreter trifft – in der Lutherstadt widmete sich der Student und spätere Reformator vor allem der Lektüre der Heiligen Schrift.


„Im Blick auf das Reformationsjahr im Jahr 2017, auf das wir zugehen, ist es jetzt an der Zeit, die ökumenischen Beziehungen noch weiter zu intensivieren und zu stärken. Das Jahr erinnert an 500 Jahre Reformation, aber auch an 50 Jahre gemeinsamen ökumenischen Dialog. Auf dieser Basis können wir ökumenisch verantwortlich in die Zukunft Hand in Hand gehen. Der Papstbesuch ist ein wichtiger Punkt, wenn nicht sogar Meilenstein auf diesem Weg unserer gewachsenen Beziehungen.“

Zum Ort des ökumenischen Treffens, Erfurt: Martin Luther hat in der Stadt studiert und wurde dort 1507 zum Priester geweiht – warum wurde dieser Ort für die Begegnung gewählt?

„Der Papst selbst hat darauf hingewiesen, dass es der Ort ist, an dem Martin Luther studiert hat und wir wissen, dass er dort vor allem die Heilige Schrift gelesen hat und sich mit ihr beschäftigt hat, wiederum ein Ansatzpunkt für Katholiken und Lutheraner, gemeinsam das Wort Gottes zu hören, im Bibelstudium die Anstrengungen ökumenisch zu intensivieren und von dort auch auf die weiteren drängenden Fragen einzugehen. Ein Ort mit einer großen symbolischen Bedeutung, aber auch mit einem klaren Auftrag für die Ökumene.“

Es wird ja einen dialogischen und einen liturgischen Teil bei der Begegnung in Erfurt geben, bei welcher der Papst ein Gebet für die Einheit der Christen sprechen wird. Warum wurde diese Struktur gewählt, was sagt sie aus?

„Wir sagen immer, das ökumenische Gespräch in Wahrheit und Liebe führen, das heißt neben den inhaltlichen Gesprächen auch das menschliche Miteinander zu pflegen und vor allem den Gottesdienst, also das Gespräch mit Gott selbst suchen. Denn je näher wir Christus kommen, desto näher kommen wir zueinander, ein unverzichtbarer Bestandteil und ich würde sagen Höhepunkt dieser ökumenischen Begegnung, was die ökumenische Wort-Gottes-Feier betrifft.“

Was wäre denn ein echter Durchbruch in der Ökumene in Deutschland? Es gibt da ja schon so einige mögliche Ansatzstellen, etwa die Frage der konfessionsverschiedenen Ehen wäre ein Ausgangspunkt – die ist dem EKD-Ratsvorsitzenden Nikolaus Schneider nach eigener Angabe bei der Begegnung mit Papst Benedikt am Wichtigsten…

„Viele Themen stehen im Raum und werden angesprochen. Für den ökumenischen Dialog ist es entscheidend wichtig, den nächsten möglichen Schritt zu gehen, der sich aus den bisherigen Gesprächen und dem bisherigen Konsens nahelegt. Und das wäre nach unserer Einigung in Grundwahrheiten zur Rechtfertigungslehre, die 1999 feierlich in Augsburg unterzeichnet wurde die Frage nach dem Wesen und der Rolle der Kirche bei der Heilsvermittlung selbst, inwieweit Christus sakramental in den Diensten, Ämtern, Grundvollzügen und Sakramenten der Kirche handelt. Das ist unser nächster Schritt, der sich aus den bisherigen Gesprächen ergibt und der noch vor allen Einzelthemen unverzichtbar wichtig ist.“

Und dieses Grundfragen werden also in Erfurt zur Sprache kommen?

„Es wäre anzuraten und ich bin mir bewusst, bin überzeugt, dass die Gesprächspartner das grundlegende Thema sehr gut kennen und von dort aus versuchen werden, die nächsten Schritte zugehen.“

Präses Schneider geht auch davon aus, dass der Papst in Erfurt etwas zu Martin Luther sagen wird. Schneider hat Luther als „Scharnier“ zwischen beiden Kirchen beschrieben. Wo gibt es denn Punkte in Luthers Lehre und Wirken, die tatsächlich beide Kirchen verbinden und heute Ausgangspunkt der Begegnung sein können?

„Die Frage nach Martin Luther ist eine ganz entscheidende Frage unseres Dialogs. Wir haben auf der internationalen Ebene mit dem lutherischen Weltbund einen Text in Vorbereitung, der das Anliegen Luthers, die Kirche zu erneuern ökumenisch aufgreift und zeigt, wie viele wichtige Elemente in der Theologie Luthers enthalten sind und wie sie dazu dienen, ökumenisch weitergehen zu können. Es geht darum, die Position des jeweiligen anderen übernehmen zu müssen, sodass man das eigene, die eigene Identität schmälern müsste, sondern darum, das gemeinsame, tiefer liegende wieder freizulegen, um so zusammen die Inhalte des Glaubens neu zu formulieren und damit auch erneuert zu formulieren. Also Erneuerung der Kirche als Grundanliegen. Eclesia sempre reformanda, wie wir wissen.“

Papst Benedikt XVI hat sich schon vor seiner Zeit als Papst für die Ökumene stark gemacht, er hat zum Beispiel entscheidend an dem gemeinsamen Papier zur Rechtfertigungslehre mitgewirkt. Bei der kommenden Deutschlandreise hat er selbst den ökumenischen Teil „aufgestockt“. Wie sehr liegt dem deutschen Papst die Ökumene am Herzen?

„Man muss die Ökumene mit den eigenen Worten des Papstes als dessen Hauptanliegen bezeichnen. Das wurde ja deutlich beim ersten Gottesdienst nach seiner Wahl, wo er das unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat. Und wie könnte ein Pontifex Maximus, ein Nachfolger des Heiligen Petrus im Einheitsdienst für die Kirche ein anderes Anliegen haben, das ihm nicht ähnlich oder gleich wichtig wäre.“



Die Fragen stellte Anne Preckel.

(rv 19.09.2011 pr)








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