Benedikt XVI. im Wort zum Sonntag: „All dies ist nicht religiöser Tourismus, und noch
weniger eine Show“
Am Samstagabend hat
Benedikt XVI. das „Wort zum Sonntag“ in der ARD gesprochen. Wenige Tage vor seiner
Deutschlandreise betonte der Papst, bei seinem Besuch handele es sich nicht um religiösen
Tourismus oder gar um eine Show. Es gehe darum, „dass Gott wieder in das Blickfeld
der Menschen trete.“ Hier die Ansprache im Volltext:
Verehrte Damen und Herren,
liebe Landsleute!
In wenigen Tagen werde ich zu meiner Reise nach Deutschland
aufbrechen, und ich freue mich schon darauf. Ich freue mich besonders auf Berlin,
wo es viele Begegnungen geben wird, und freue mich besonders natürlich auf die Rede
im Bundestag und auf den großen Gottesdienst, den wir im Olympiastadion feiern dürfen.
Ein Höhepunkt der Reise wird Erfurt sein: Im Augustinerkloster, in der Augustinerkirche,
in der Luther seinen Weg begonnen hat, darf ich mich mit Vertretern der Evangelischen
Kirche Deutschlands treffen. Wir werden dort miteinander beten, auf das Wort Gottes
hören, miteinander denken und noch sprechen. Wir erwarten keine Sensationen. Das eigentlich
Grosse daran ist eben dies, dass wir miteinander an diesem Ort denken, das Wort Gottes
hören und beten, und so inwendig beieinander sind und sich wahrhaft Ökumene ereignet.
Etwas
Besonderes ist für mich die Begegnung mit dem Eichsfeld, diesem kleinen Landstrich,
der durch alle Verwirrungen der Geschichte hindurch katholisch geblieben ist; und
dann der Südwesten Deutschlands, mit Freiburg, der großen Stadt, mit vielen Begegnungen,
die dort sein werden, besonders mit einer Vigil für die Jugend, mit dem großen Gottesdienst,
der die Reise abschließt.
All dies ist nicht religiöser Tourismus, und noch
weniger eine Show. Worum es geht, sagt das Leitwort dieser Tage: „Wo Gott ist, da
ist Zukunft“. Es soll darum gehen, dass Gott wieder in unser Blickfeld tritt, der
so oft ganz abwesende Gott, dessen wir doch so sehr bedürfen.
Sie werden mich
vielleicht fragen: „Gibt es Gott überhaupt? Und wenn es ihn gibt, befasst er sich
überhaupt mit uns? Können wir bis zu ihm vordringen?“. Nun, es ist wahr: Wir können
Gott nicht auf den Tisch legen, wir können nicht wie ein Gerät ihn anrühren oder wie
irgendeine Sache in die Hand nehmen. Wir müssen die Wahrnehmungsfähigkeit für Gott,
die in uns da ist, wieder neu entwickeln. In der Größe des Kosmos können wir etwas
ahnen von der Größe Gottes. Wir können die Welt technisch nützen, weil sie rational
gebaut ist. In dieser großen Rationalität der Welt ahnen wir etwas von dem Schöpfergeist,
von dem sie kommt, und wir können in der Schönheit der Schöpfung doch etwas von der
Schönheit, Größe und auch von der Güte Gottes sehen. Wir können im Wort der Heiligen
Schrift Worte ewigen Lebens hören, die nicht einfach nur von Menschen kommen, sondern
die von Ihm herkommen, in denen wir Seine Stimme hören. Und endlich, in der Begegnung
mit Menschen, die von Gott angerührt worden sind, sehen wir gleichsam Gott. Ich denke
nicht nur an die Grossen: von Paulus über Franz von Assisi bis zu Mutter Theresa;
sondern an die vielen einfachen Menschen, von denen niemand spricht. Und doch, wenn
wir ihnen begegnen, geht von ihnen etwas von Güte, von Lauterkeit, von Freude aus,
dass wir wissen, da ist Gott, und dass er uns anrührt. Darum wollen wir uns in diesen
Tagen mühen, dass wir Gott wieder zu Gesicht bekommen, dass wir selber Menschen werden,
von denen ein Licht der Hoffnung in die Welt hereintritt, das Licht von Gott her ist
und uns leben hilft.
1987 hatte Papst Johannes Paul II. erstmals das „Wort
zum Sonntag“ gesprochen. Benedikt XVI. besucht von Donnerstag bis Sonntag die Erzbistümer
Berlin und Freiburg sowie das Bistum Erfurt.