2011-09-09 13:36:46

D: Erinnerung an den 11. September „ohne Hassgefühle“


RealAudioMP3 In München beginnt an diesem Wochenende das neue Friedenstreffen der Religionen, ausgerichtet von der römischen Basisgemeinschaft Sant`Egidio. Debatten, Gottesdienste, Gebete und – zum Schluß – eine Friedenserklärung der Religionen stehen auf dem Programm. Marco Impagliazzo, der Präsident von Sant`Egidio, sagte uns in einem Interview:

„Wir haben in den letzten zehn Jahren versucht, dieses Gewebe des Zusammenlebens, des gegenseitigen Respekts und auch der Sympathie zwischen den Völkern neu zu knüpfen. Die Terrordrohungen haben Löcher darin aufgerissen, aber auch die Reaktionen, die es auf den Terrorismus gab. In diesen zehn Jahren haben wir viel gearbeitet, um in die Welt wieder diese Sympathie hineinzubringen, die vielen Völkern dringend gefehlt hat: diesen vom Evangelium gelenkten Blick. Wir sind zu sehr auf uns selbst und unsere Ängste fixiert und haben deswegen den ärmeren Teil der Welt etwas aus den Augen verloren. Dieser hat auch deswegen stärker gelitten, weil wir mehr mit uns selbst beschäftigt waren.“

Die Friedenstreffen von Sant`Egidio schreiben eine Tradition fort, die mit Papst Johannes Paul II. begonnen hat. 1986 lud der Papst aus Polen erstmals Vertreter aller großen Religionen und Konfessionen zu einem Treffen nach Assisi ein, in die Stadt des heiligen Franziskus. Die Sant-Egidio-Treffen werden jedes Jahr in einer anderen Stadt ausgerichtet; vor acht Jahren gab es schon mal eines in Aachen.

„Unser Leuchtturm war: auf das Herz des Menschen zu schauen. Er braucht immer Bekehrung, aber vor allem Liebe. Der selige Johannes Paul II., der letzte große Prophet, hat uns sehr ermutigt, wenn er sich gegen den Zusammenprall der Kulturen einsetzte und gegen neue Kriege – er hielt sie für „Abenteuer ohne Wiederkehr“. Viele, auch Nichtglaubende, haben uns unterstützt und wollen jetzt auch in München darüber nachdenken, dass wir – so heißt auch der Titel des Friedenstreffens – zum Zusammenleben berufen sind.“

Einer der Höhepunkte des Münchner Treffens wird die Live-Schaltung zum New Yorker Ground Zero sein – am 11. September, dem zehnten Jahrestag der Terroranschläge. Auch der deutsche Bundespräsident Christian Wulff wird an diesem Moment teilnehmen.

„Ein Moment, bei dem wir alle Hass- oder Rachegefühle beiseitelassen wollen. Wir sollten als erstes die Gefühle der Angehörigen der Opfer respektieren und die Gefühle der Opfer selber. In den letzten Tagen sind viele der letzten Botschaften der Opfer in den Zwillingstürmen des World Trade Center veröffentlicht worden. Alle diese Botschaften bestehen aus Gebeten, Grüßen an die Angehörigen, aber es gibt in ihnen kein einziges Wort der Rache oder des Hasses! Wir selber haben vor zehn Jahren den 11. September in diesem Geist erlebt. Wir haben gesagt: Wir sind alle Amerikaner, wir haben ein starkes Mitgefühl mit dem Schmerz dieser Menschen gespürt. An diese Gefühle erinnern, die trotz ihrer Trauer doch positive Gefühle waren – das wollen wir tun, um darauf eine bessere Welt aufzubauen.“

Und noch ein Termin wird wohl sehr emotional: der Besuch auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Dachau. Der frühere Präsident des Päpstlichen Friedensrates, Kardinal Roger Etchegaray, wird die Führung über das Gelände übernehmen. Impagliazzo meint dazu:

„Dachau liegt sehr nahe an München. Dieses Lager erinnert nicht nur an das Leiden der Juden, sondern auch an das Martyrium vieler Christen aus allen Konfessionen. Außer Kardinal Etchegaray werden uns darum auch orthodoxe und evangelische Bischöfe über das Lagergelände begleiten. Dachau ist nämlich auch ein Symbol der Einheit der Christen im Martyrium. Wir wollen das frühere KZ vor allem mit Jugendlichen aus Deutschland und aus vielen Teilen Europas besuchen, damit sie dann sagen: So etwas darf nie wieder passieren! Das Europa, das wir in Frieden und Einheit aufgebaut haben, muss immer mehr gestärkt werden.“

(rv 09.09.2011 sk)








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