2011-09-06 14:19:29

Deutschland: Friedenstreffen in München


RealAudioMP3 Fünf Tage noch bis zum großen Friedenstreffen der Religionen in München – am zehnten Jahrestag des 11. September. Zur Erinnerung, es ist die größte Gedenkfeier an die Terroranschläge in Europa. Hunderte Religionsvertreter und Politiker wollen in München ein Zeichen für eine friedliche Zukunft setzen. Neben Religionsführern kommen auch deutsche Spitzenpolitiker nach München: Bundespräsident Christian Wulff, Kanzlerin Angela Merkel und Wolfgang Schäuble. Insgesamt 5.000 Teilnehmer erwarten das Erzbistum München und Freising und die katholische Gemeinschaft Sant’Egidio, die das dreitägige Treffen ausrichten. Sinn der Veranstaltung ist es laut Klaus Reder von Sant’Egidio Deutschland zu zeigen, dass im Namen Gottes keine Gewalt zu rechtfertigen ist.

„Die Religionsvertreter werden sich vor die Öffentlichkeit stellen und sagen: der Name Gottes ist mit Gewalt nicht in Übereinstimmung zu bringen. Das ist nur möglich für solche Religionsführer, die fest im Glauben sind. Deshalb werden Sie bestimmte Namen auf der Gästeliste von Sant´Egidio nicht finden, die weltweit reisen und gewisse Dinge verkünden. Wir legen Wert darauf, dass diejenigen, die zum Treffen kommen, authentisch und mit Vollmacht für ihre Religionsgemeinschaft sprechen können, und sie werden sich dezidiert gegen Gewalt aussprechen. Auf der anderen Seite aber auch nicht negieren, dass die Religionen missbraucht werden und im Namen der Religion leider sehr oft Dinge passieren, die nicht mit Religion in Übereinstimmung zu bringen sind.“

Die Friedenstreffen gehen auf Papst Johannes Paul II. zurück, der 1986 erstmals die Weltreligionen zum gemeinsamen Gebet nach Assisi geladen hatte. Dieses Treffen erfährt im kommenden Oktober, genau am 25. Jahrestag, eine Neuauflage, diesmal mit Gastgeber Papst Benedikt XVI. Wie auch in Assisi, wird es in München nicht zu einem gemeinsamen Gebet der Religionsvertreter kommen; jede Religion betet in ihrer Überzeugung und Tradition für den Frieden, erklärt Armin Wouters vom Erzbischöflichen Ordinariat München im Münchner Kirchenradio:

„Da muss man ehrlich und nüchtern sein, es gibt keine Verständigung über eine interreligiös tragfähige Gottesvorstellung, da sind die Religionen unterschiedlich, und ein gemeinsames Gebet würde ja voraussetzen, dass es eine Verständigung über den Adressaten gibt. Wir haben etwa auch pantheistische Religionsvertreter, nicht alle sind monotheistisch. Diese Unterschiede sollen nicht verwischt werden, sodass wir sagen würden, jetzt müssen halt alle ein bisschen nachgeben. Sondern das Ziel ist, dass Menschen mit ihrer Überzeugung trotzdem zu Gemeinsamem fähig sind.“

Insgesamt finden von Sonntag bis Dienstag mehr als 30 Podiumsdiskussionen statt, sowie dutzende Gottesdienste und ökumenische Gebete. Am Ende steht eine gemeinsame Friedenserklärung der Religionen. Klaus Reder:

„Die wird gemeinsam erarbeitet und unterschrieben. Ich bin seit 25 Jahren bei Friedenstreffen und habe die Debatten mitbekommen, weil jeder von der Terminologie her die Dinge anders sieht; das wird eingearbeitet, damit es ein gemeinsamer Appell wird. Und der wird den offiziellen Vertretern des diplomatischen Corps und Staatsoberhäuptern übergeben, damit die Botschaft hinausgeht in die Welt. Das ist eine bewegende Szene, wenn Kinder von Religionsvertretern diesen Appell übernehmen und ihn an die Autoritäten übergeben. Auf der anderen Seite ist es auch eine Basis für das Gespräch, das nach München weitergeht.“

München ist nach Aachen 2003 die zweite deutsche Stadt, die ein Friedenstreffen der Religionen beherbergt. Dass die Begegnung am zehnten Jahrestag der Anschläge in den USA ausgerechnet in München stattfindet, ist eine bewusste Wahl, sagt Andrea Riccardi, der Gründer von Sant´Egidio. Die bayerische Metropole stehe für das Herz Europas, und gerade die europäischen Christen hätten „die Verantwortung, ein neues Jahrzehnt zu gestalten“, so Riccardi im Gespräch mit dem Münchner Kirchenradio.

„Am 11. September 2011 hat ein Jahrzehnt des Terrorismus begonnen. die Herausforderung Bin Ladens. Aber auch wir hier im Westen haben an die Gewalt geglaubt. Wir haben geglaubt, wir können dem Terrorismus mit Krieg begegnen. Wir haben geglaubt, dass es keine Möglichkeit der Begegnung gebe, des Zusammenlebens, des Dialogs. Und damit haben wir viel Zeit vergeudet, viel Energie. Wir haben zuviel gehasst. Und daher wollen wir genau hier in München, im Herzen Europas am11. September sagen: Wir müssen ein neues Jahrzehnt beginnen.“

(muenchner kirchenradio, 06.09.2011 gs)







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