Erzbischof Rowan Williams: Wo war Gott am 11. September?
Am kommenden Sonntag
jähren sich zum 10. mal die Anschläge vom 11. September in den USA, am eindrücklichsten
erinnert durch das Einstürzen der Zwillingstürme des World Trade Center in New York.
Einer der Überlebenden des Anschlages ist der anglikanische Erzbischof von Canterbury,
Rowan Williams. Er befand sich in einem Gebäude nur einen Block von den Türmen entfernt
zu einer Konferenz über Leben und Heiligkeit, als die Terroristen zuschlugen. In einem
Interview berichtete er danach über die Erfahrung dieser Ausnahmesituation:
„Es
ist schwierig, davon zu sprechen. Wir waren im Gebäude gefangen, ich glaube dass die
meisten von uns erwartet haben, dass wir alle sterben würden. Keiner wusste, was passiert.
Der Lärm des zusammenstürzenden ersten Turms war unvergesslich. Niemand wusste, was
geschah und wir nahmen an, dass wir da nicht lebend herauskommen würden. Irgendwann
konnten wir dann durch das Untergeschoss unseres Gebäudes heraus in diese Wüste der
Zerstörung draußen. Es war ein Alptraum.“
Eine Frage, die dem Erzbischof
seitdem immer wieder gestellt wird und die auch er sich selbst gestellt hat: Wo war
Gott damals?
„Wo er immer ist. Immer in der Mitte von allem. Immer in den
Handlungen aus Liebe und Hingabe, die Menschen in Krisensituationen vollbringen. Wenn
man erwartet, dass Menschen sich durch Eigensinn und Furch verschließen, habe sie
erstaunlicherweise oft die Gnade, sich anderen zuzuwenden und ich sehe Gott genau
hier. Wir trafen einen wunderbaren Mann, als wir versuchten, zu entkommen. Der sagte
zu uns: Ich glaube, wir sollten beten. Er wusste nicht, dass wir eine Gruppe von Bischöfen
und Klerikern und Schwestern waren, er versammelte uns um sich und fing an zu beten.
Da war viel Gott. Menschen erwarten auf die Frage „Wo war Gott?“ einen Gott, der einschreitet
und alles gut macht oder der macht, dass das alles aufhört. Aber die Art, wie Gott
wirkt, ist immer in der Mitte der Dinge und durch Menschen.“