„Niemals Untersuchungen behindert oder unterlaufen“: Der Vatikan antwortet auf Vorwürfe
aus Irland
Der Heilige Stuhl
hat zu keiner Zeit versucht, die Untersuchung vom Umgang mit Missbrauchsfällen durch
die irische Regierung oder durch die irischen Bischöfe zu verhindern oder zu unterlaufen.
So heißt es in einem Dokument, das der Vatikan an diesem Samstag als Antwort auf die
in Irland geäußerten Vorwürfe veröffentlicht hat. In diesem ausführlichen und mehr
als 20 Seiten langen Communiqué antwortet der Vatikan auf eine Bitte des irischen
Außenministers Eamon Gilmore um eine Antwort auf den Cloyne Report. In diesem im Juli
2011 veröffentlichten Bericht waren Fehler der Kirche im Umgang mit Missbrauchfällen
im Bistum Cloyne bemängelt worden. Das Communiqué wurde der Geschäftsträgerin der
Republik Irland beim Heiligen Stuhl, Helena Keleher, an diesem Samstag übergeben und
gleichzeitig auch veröffentlicht.
„Schwere und verstörende Fehler" Der
Vatikan habe den Bericht, der „schwere und verstörende Fehler im Umgang mit Anklagen
sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Kleriker“ ans Licht gebracht habe, aufmerksam
studiert, heißt es in dem Text. Der Heilige Stuhl sei betrübt und beschämt von den
Verbrechen des Missbrauchs, man sei aber auch beunruhigt über die schwerwiegenden
Fehler in der Leitung der Kirche im Umgang damit. Besonders beunruhigend sei es, dass
diese Fehler trotz und gegen anderslautende Richtlinien der Bischöfe und Ordensoberen
sowie gegen die Normen der Vatikan geschehen seien, so der Text.
Der
Brief von 1997 Im Folgenden geht die Antwort im Einzelnen auf die verschiedenen
im Cloyne-Report gemachten Vorwürfe ein. Diese betreffen vor allem einen Brief aus
dem Jahr 1997, verfasst vom damaligen Nuntius in Irland, Luciano Storero, an die Bischöfe
des Landes. Dieser Brief sei als Hinweis gelesen worden, der Vatikan sei gegen einen
strikten Umgang mit den Missbrauchsfällen gewesen. Der Vatikan stellt nun die rechtliche
Stellung des Briefes klar: Man habe dort lediglich festgestellt, dass die Richtlinien
zum Umgang mit Missbrauch, die sich die irischen Bischöfe gegeben hatten, nicht kanonisch
verbindlich seien in dem Sinn, dass Rom seine kirchenrechtlich notwendige „Recognitio“,
also Bestätigung gegeben hätte. Das habe aber nicht bedeutet, dass man die Richtlinien
als gegen das Kirchenrecht verstoßend angesehen habe.
Es ging um sichere
Verfahren Über diese Frage war vor allem in Irland diskutiert worden: Wollte
der Vatikan und insbesondere die Kleruskongregation die Anwendung der bischöflichen
Regeln unterlaufen? Der Vatikan stellt nun fest, dass das kirchenrechtliche Verfahren
im Gegenteil sicherstellen wollte, dass die Richtlinien wasserdicht seien, damit danach
keine kirchlichen Berufungsverfahren die Ungültigkeit von getroffenen Maßnahmen feststellen
würden.
Zusammenarbeit mit dem Staat In keiner Weise habe
der Vatikan außerdem die Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen verhindern wollen;
kirchenrechtlich korrektes Vorgehen lasse diese Zusammenarbeit ausdrücklich zu. Die
Kleruskongregation habe ihre Bedenken gegen die Verpflichtung zum Melden von Missbrauchfällen
geäußert, habe aber die Bischöfe nicht an Meldungen gehindert, noch sie ermuntert,
gegen irisches Recht zu verstoßen. Der damalige Präfekt der Kongregation, Kardinal
Dario Castrillon Hoyos, habe das auch in einem Treffen mit irischen Bischöfen sehr
klar ausgedrückt. Er wird in dem Text zitiert mit den Worten: „Die Kirche soll durch
ihre Hirten (Bischöfe) in keiner Weise dem legitimen Ablauf der zivilen Gerichtsbarkeit
hinderlich sein“ (12. Nov 1998). Schließlich habe sich der irische Staat selber gegen
die verpflilchtende Meldung entschieden. Es sei schwierig, so der Text, den Vorwürfen,
der Vatikan habe irisches Recht verletzt, zu folgen.
Antwort an die Politiker Das
Vatikan-Dokument geht außerdem auf die Äußerung einiger irischer Politiker in der
jüngeren Vergangenheit ein. So verstehe man zwar den tiefen Ärger in der Öffentlichkeit
über die Ergebnisse des Cloyne-Reports, man könne aber die Vorwürfe, die Premierminister
Enda Kenny im Parlament gemacht hatte, nur zurückweisen. Man habe keine staatliche
Untersuchung behindert. Ebenfalls habe man nicht die Bemühungen der irischen Bischöfe
unterlaufen, die Vorfälle aufzuklären, wie der irische Außenminister gesagt hatte.
Effektive
Bekämpfung der Plage Missbrauch Zuletzt, heißt es wörtlich in dem Dokument,
„begrüßt der Heilige Stuhl alle objektiven und hilfreichen Beobachtungen und Vorschläge,
um mit Bestimmtheit das schreckliche Verbrechen von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen
bekämpfen zu können. Der Heilige Stuhl möchte noch einmal klarstellen, dass er die
tiefe Besorgnis und die Beunruhigung teilt, die die irischen Autoritäten, die Bürger
Irlands allgemein und die Bischöfe, Priester, Ordensleute und Gläubigen mit Blick
auf die kriminellen und sündhaften Akte des sexuellen Missbrauchs durch Kleriker und
Ordensleute ausgedrückt haben. Er anerkennt auch den verständlichen Ärger, die Enttäuschung
und das Gefühl des Verrats der Betroffenen – vor allem der Opfer und ihrer Familien
– durch diese widerwärtigen und bedauernswerten Handlungen und durch die Art und Weise,
wie diese mitunter von kirchlichen Autoritäten behandelt wurden; für all dies möchte
(der Heilige Stuhl) sein Bedauern über alles, was geschehen ist, ausdrücken.“ Man
sei zuversichtlich, dass die in der Kirche eingeführten Maßnahmen dazu beitragen,
dass Missbrauch in Zukunft besser verhindert werden könne. Gleichzeitig wolle man
auch die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat auf diesem Gebiet, denn diese sei
für die effektive Bekämpfung der Plage Missbrauch wesentlich.