2011-08-29 09:38:32

Schülerkreis: Erst Hören, dann Sprechen


Am Beginn der Neuevangelisierung steht nicht das eigene Reden, sondern das Zuhören. So erklärte der Leiter der Wiener „Akademie für Evangelisation“, Otto Neubauer, das Thema des am Sonntag zu Ende gegangenen Treffens des Ratzinger-Schülerkreises. Neubauer war eingeladen, über seine Erfahrungen aus der praktischen Arbeit etwa bei Stadtmissionen zu berichten. Eine weitere Referentin war die Dresdener Religionsphilosophin Hanna-Barbara Gerl-Falkowitz.

RealAudioMP3 In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Kathpress sagte Neubauer anschließend, dass bei den „sehr offenen Gesprächen", die Papst Benedikt XVI. im Kreis seiner ehemaligen Studenten selbst moderierte, die „nötige Weltzugewandtheit der Kirche und die daraus resultierenden Rückwirkungen auf die Kirche selbst" intensiv diskutiert worden seien. Laut Neubauer sei dabei klar geworden, wie wichtig es für alle kirchlichen Bemühungen um Neuevangelisierung sei, „sich auf die Welt einzulassen". Dies sei auch beim Vortrag von Gerl-Falkowitz deutlich geworden, die eine „geradezu virtuose Analyse der Zeitsituation" geboten habe. Dabei habe sich gezeigt, dass auch bei einem agnostischen Umfeld wie in der ehemaligen DDR „Neuaufbrüche des Glaubens" möglich seien.

Neubauer sagte, er selbst habe sehr erfahrungsbezogen über die Neuevangelisierung gesprochen. „Wir müssen neu lernen, wahrhaft zuzuhören" und die Menschen in ihren Sorgen ernst nehmen, das ist für ihn das zentrale Gebot für die Neuevangelisierungsarbeit. Er selbst habe erst lernen müssen, „durch das Hören zu verkünden".

In seiner eigenen Arbeit erfahre er einerseits einen ungebrochen tiefgreifenden Säkularisierungsprozess in Europa, der die Christen „zum kleinen Rest" werden lasse. Auf der anderen Seite stelle er jedoch immer wieder einen „unendlichen Hunger nach Gott" bei den Menschen fest, so Neubauer. „Die eigentliche und größte Armut in Europa ist der dramatische Mangel an Angenommensein und Geliebtsein, der Mangel an Erfahrung der Güte Gottes." Wer in dieser Situation vorschnell mit missionarischem Eifer Gott predige, stehe in der Gefahr, die Menschen vor den Kopf zu stoßen und abzuschrecken. Es gehe vielmehr darum, sich vorurteilsfrei auf die Menschen einzulassen. Vor jeder Mission müsse daher die Umkehr des Missionierenden selbst stehen, so Neubauer.

Vier Lernschritte

Konkret zeigte Neubauer bei dem Vortrag vier „Lernschritte" auf, die die Basis der Neuevangelisierungsarbeit bilden sollten: Das „Herabsteigen" zu den Menschen und damit die bewusste Suche des Gesprächs an den Orten, an denen sich das Leben heute abspiele: Straßen, Plätze, Cafes, Bars, Privatwohnungen. Zum zweiten brauche es gerade in einer Zeit anhaltender Säkularisierung „’Heiligtümer' der Anbetung und des Lobpreises der Gegenwart des Herren".

Zum dritten müsse auch unter den in der Mission und Neuevangelisierung Tätigen eine enge Bindung und Gemeinschaft als „Gebets- und Erzählgemeinschaft" - etwa in Form von kleinen christlichen Gruppen - gepflegt werden. Schließlich brauche es - so Neubauer abschließend - eine neue Wahrnehmung der „Demütigungen und Verwundungen" an den Menschen, denn gerade diese seien „der Stoff der Neuevangelisierung".

Das Schülerkreistreffen, das am Donnerstag begonnen hatte, wurde am Sonntag mit einer Vertiefung der Thematik im Beisein des „Neuen Ratzinger-Schülerkreises" und dem Gebet der Vesper beendet.

(kap 29.09.2011 ord)








All the contents on this site are copyrighted ©.