2011-08-23 12:09:36

Liturgie – was Sie schon immer darüber wissen wollten
Heute: Ämter und Gewänder in der Liturgie


RealAudioMP3 Immer dasselbe und doch so bunt: Die Liturgie prägt das Leben eines jeden Gläubigen. Was für Katholiken selbstverständlich ist, ist aber doch nicht bei allen so bekannt. Der Theologe Liborius Olaf Lumma gibt uns eine Einführung in die katholische Liturgie. Liborius Olaf Lumma ist seit 2006 Universitätsassistent am Institut für Bibelwissenschaften und Historische Theologie der Universität Innsbruck im Fachbereich Liturgiewissenschaft. Er hat im Pustet Verlag das Buch „Crashkurs Liturgie“ herausgegeben. In der heutigen Sendung geht es um Ämter und Gewänder in der Liturgie.

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Wo immer Liturgie gefeiert wird, ist im Geist die ganze Kirche versammelt. Wenn im eucharistischen Hochgebet Papst und Bischof genannt werden, dann drückt sich darin die kirchliche Gemeinschaft in aller Welt aus. Wenn die Apostel, die Heiligen und alle Verstorbenen genannt werden, dann drückt sich die Gemeinschaft über alle Zeiten hinweg aus.
Es ist also immer die Kirche als ganze, die Liturgie feiert. Zugleich kennt sie eine innere Gliederung in verschiedene zusammengehörige und aufeinander bezogene Dienstämter.

Drei dieser Ämter werden nur von Personen ausgeübt, die dafür eine eigene Ordination empfangen haben.

Die Ordination wird im Deutschen für gewöhnlich als „Weihe“ bezeichnet, wobei das lateinische ordinatio eigentlich die „Aufnahme in eine Gruppe“ bezeichnet.

Das erste dieser Ämter ist das des Bischofs. Das Bischofsamt (griechisch episkopos; in etwa „Aufseher“) wird als Lehr- und Leitungsamt in der Nachfolge der Apostel Jesu verstanden. Spätestens seit dem Ende des 2. Jahrhunderts wurde jede christliche Stadtgemeinde durch einen einzelnen Bischof geleitet. Im Laufe der weiteren Entwicklung wurde der Bischof dann zuständig für eine größere Region, das Bistum oder die Diözese.

In der Liturgie spiegelt sich die Lehr- und Leitungsfunktion des Bischofs darin wieder, dass er grundsätzlich als Vorsteher der Liturgie amtiert, lateinisch praesidens oder griechisch pro-histamenos, was wörtlich eben Vorsteher oder Vorsitzender bedeutet. Zum Vorsteheramt gehört das Eröffnen eines Gottesdienstes, der Segen am Schluss und dergleichen, das Vortragen von Gebeten, besonders dem eucharistischen Hochgebet, außerdem auch die Auslegung der Heiligen Schrift in der Homilie, der Predigt. Der Vorsteher trägt jedoch nicht die biblischen Lesungen vor (er ist hier gemeinsam mit der Gemeinde Hörender).
So die Grundregel für die Ausgestaltung des Vorsteherdienstes, die zumindest für die meisten liturgischen Feiern gilt.

Das zweite Weiheamt ist das des Priesters oder Presbyters (von griechisch presbyteros für „Vorsteher“, „Ältester“). Presbyter üben in der Liturgie ebenfalls Vorsteherfunktion aus; sie tun dies immer im Auftrag des jeweiligen Bischofs, unter seiner Autorität und in Einheit mit ihm.

Als Resultat eines jahrhundertelangen Klärungsprozesses hat die Kirche den Vorsteherdienst in bestimmten Liturgien an das Amt des Bischofs oder des Priesters gebunden –etwa bei der Eucharistiefeier, dem Sakrament der Versöhnung und der Krankensalbung. Darin kommt zum Ausdruck, dass diese zentralen Akte des kirchlichen Lebens gewissermaßen der Verfügbarkeit der einzelnen Gemeinde entzogen sind. Durch die Bindung der Liturgie an das kirchliche Amt kommt die Unverfügbarkeit, der gnadenhafte Charakter aller Begegnung zwischen Mensch und Gott zum Ausdruck. Das ist weder für Laien ein Grund, neidisch zu werden, noch für die Amtsträger ein Grund zum Stolz; vielmehr wird darin die ganze Kirche auf das Unverdiente, das Geschenk des Glaubens verwiesen, das in Jesus Christus und dem Erbe seiner Apostel den Ursprung nimmt. Wo die Bindung bestimmter kirchlicher Vollzüge an Bischöfe und Priester hingegen als eine Art persönliche Monopolisierung der göttlichen Gnade durch die Amtsträger wahrgenommen und gelebt wird, da wird sie jedenfalls ganz gewiss falsch verstanden.

Das dritte Weiheamt ist das des Diakons. Nach einer sehr wechselhaften Geschichte, in der der Diakonat schließlich nur noch eine Durchgangsstufe für angehende Priester war, wurde das Diakonenamt erst nach dem II. Vatikanum wieder für die Kirche des römischen Ritus fest etabliert. Schon in der frühen Kirche ist als ein Schwerpunkt des Diakonenamtes der Sozial- und Verwaltungsdienst bezeugt. Hier jedoch soll es jetzt nur um seine liturgischen Dienste gehen:

In der Eucharistiefeier vereint der Diakon mehrere Aufgaben. Er ist der unmittelbare Assistent des Vorstehers, der etwa Bücher anreicht, bei Beweihräucherungen hilft usw. Er ist Anleiter der Gemeinde, fast nach Art eines „Zeremonienmeisters“, wenn er zu symbolischen Handlungen auffordert („Beuget die Knie“, „Gebt einander ein Zeichen des Friedens“), und er trägt die einzelnen Anliegen des Allgemeinen Gebets, die Fürbitten vor. Seine wohl herausragendste Tätigkeit aber besteht darin, dass er das Evangelium verkündet und auf diese Weise Jesus Christus selbst seine Stimme leiht.

Bei Gottesdiensten, die nicht an Bischof oder Presbyter gebunden sind, kann der Diakon auch Vorsteher einer Liturgie sein, etwa beim Stundengebet, bei Taufen, Begräbnissen und so weiter.

Es gibt darüber hinaus liturgische Dienste, die von Laien (also Gläubigen ohne Ordination) ausgeübt werden, einige seien hier genannt:

Das Amt der Gottesdienstleiterin oder des Gottesdienstleiters
Wo immer sich Christen zum gemeinsamen Gebet versammeln, wird irgendeiner von ihnen fast automatisch Leiterin oder Leiter sein – eine Begrüßung sprechen, vorbeten, ein Segensgebet formulieren und so weiter.

Mit dem Fachbegriff der Gottesdienstleiterin und des Gottesdienstleiters sind deshalb hier diejenigen Personen gemeint, die in Abwesenheit von Bischof, Presbyter und Diakon öffentliche Gemeindegottesdienste, zum Beispiel sonntägliche Wort-Gottes-Feiern leiten. Ein Gottesdienstleiter übernimmt in solchen Feiern alle Vorsteherdienste (z.B. Eröffnung und Schluss, Vortrag von Gebete etc.), er verzichtet dabei nur auf einzelne rituelle Details, die den Weiheämtern vorbehalten sind.

Kommunionhelferin / Kommunionhelfer
Kommunionhelferinnen und Kommunionhelfer unterstützen den Vorsteher der Eucharistiefeier beim Austeilen der eucharistischen Gaben. Daneben ist es auch ihr Dienst, den Leib Christi außerhalb der Eucharistiefeier zu den Kranken zu bringen, sei es in Kliniken, sei es in Privatwohnungen.

Während das Kommunionausteilen durch Laien in der Eucharistiefeier eine echte Neuerung nach dem II. Vatikanum darstellt, greift die „Krankenkommunion“ älteste kirchliche Praxis auf, wonach es vielerorts weit verbreitet war, dass Gläubige ihren kranken Angehörigen die Kommunion aus dem Gemeindegottesdienst mit nach Hause brachten und diese darüber hinaus auch für den eigenen Verzehr in den Privatwohnungen aufbewahrten.

Lektorin/Lektor
Strenggenommen muss man das, was wir im Deutschen gewöhnlich Lektorin, Lektor nennen, vom kirchlichen Amt des Lektors und des Akolythen genau unterscheiden. Da ieses Amt aber in unseren Gemeinden kaum vorkommt, weil es nur noch als Vorstufe für die Diakonenweihe praktiziert wird, gehe ich darauf jetzt nicht näher ein.
Der Dienst von Lektorinnen und Lektoren besteht darin, Lesungen aus der Heiligen Schrift vorzutragen und bei Abwesenheit eines Diakons das Allgemeine Gebet in der Eucharistiefeier anzuleiten.

Kantorin – Kantor – Chor – Organistin – Organist
Die Vollform der Liturgie verlangt den gesungenen Vollzug – nicht nur aus historischen, sondern auch aus ästhetischen und theologischen Gründen, denn im Gesang kommt die Leiblichkeit des Menschen, die ja in seine Gottesbeziehung einbezogen ist, in größerer Fülle zum Ausdruck.
Das II. Vatikanische Konzil hat das Kantorenamt als Vorsängerdienst wiederbelebt. Der Kantor übernimmt verschiedene Gesänge der Messe, insbesondere den Antwortpsalm und den Halleluja-Ruf sowie alles, was eine Ausführung im Wechsel zwischen Vorsänger und Gemeinde verlangt: etwa die Kyrie-Rufe.

Vom Kantorenamt zu unterscheiden ist der (Kirchen-)Chor, dessen Funktion sich mit der einer Kantorin oder eines Kantors decken kann, aber nicht muss: Wenn nämlich der Chor Gesänge singt, die der Sache nach der ganzen Gemeinde zukommen, dann tritt er an deren Stelle und nicht an die Stelle des Kantors, zum Beispiel durch den Vortrag von kunstvollen Kompositionen des Gloria, des Credo usw.

Der Dienst der Organistin/des Organisten oder auch anderer Instrumentalisten hat verschiedene Funktionen: Er dient stets der musikalischen Anleitung und Unterstützung des Gesangs, darüber hinaus kann und soll Musik aber auch die Aussagekraft liturgischer Handlungen sowie ihre Wirkung auf die Menschen bereichern und vertiefen.

Ministrantin / Ministrant
Ministrantinnen und Ministranten nehmen in der Liturgie alle Funktionen wahr, die den rituellen Ablauf unterstützen und durch den Einsatz bestimmter Symbolik die Ausgestaltung und „ganzheitliche“ Erfahrung der Liturgie verstärken und verdeutlichen. Dazu gehört das Tragen und Halten von Kerzen, Weihrauch, liturgischen Büchern und dergleichen mehr. Theologisch höchstbedeutsam ist die meist durch die Ministrantinnen und Minstranten durchgeführte Gabenbereitung in der Eucharistiefeier. Hier wird deutlich, dass das Tun der Altardiener letztlich die ganze Gemeinde repräsentiert, die ihre Gaben und symbolisch darin sich selbst vor Gott stellt.

Der Ministrantendienst wird überwiegend von Kindern ausgeübt, sodass er oft eher als eine Art pädagogische Maßnahme für die religiöse Erziehung der Kinder wahrgenommen wird. Altardienst ist aber mehr als das: Er ist Stellvertretung der ganzen Gemeinde. Der Altardienst nimmt eine eigenständige Funktion in der Liturgie wahr. Ohne ihn können viele Elemente nicht in ihrer Vollgestalt und nicht in sinnlich-symbolischem Reichtum erfahren werden.

In der Feier der Liturgie spielt auch eigene Kleidung eine besondere Rolle. Im Buch Genesis wird der Mensch als ein Wesen beschrieben, das zunächst nackt Gott gegenübertritt. Doch im Moment der ersten Sünde entsteht das Bedürfnis, den Körper zu bedecken, sich gewissermaßen vor Gott zu verstecken. Mit anderen Worten: Kleidung ist zunächst Zeichen der Sünde. Ist Kleidung allerdings schön, schmuckvoll, leuchtend, frei von Schmutz und Beschädigungen, dann kann sie auch zum Symbol für einen neu geschaffenen, von der Sünde befreiten, „reingewaschenen“ Menschen stehen. So wird in der neutestamentlichen Metaphorik der christliche Glaube als das „Anziehen des neuen Menschen“ bezeichnet (Epheserbrief, Kapitel 4) oder auch als das „Bekleidetsein mit Christus“ (Galaterbrief, Kapitel 3). Der im Glauben erneuerte Mensch ist nicht mehr von der Sünde verunstaltet. Die Reinheit des in dieser Weise neu geschaffenen Menschen – und das heißt konkret: des getauften Menschen – wird im Neuen Testament durch leuchtende, weiße Gewänder ausgedrückt (Offenbarung, Kapitel 7).

Wenn in der Liturgie besondere Gewänder Verwendung finden, dann hat dies also nicht nur eine ästhetische, sondern vor allem eine theologische Bedeutung: Der Mensch, der im Glauben Gott gegenübertritt, ist durch den Glauben „neu bekleidet“. Das grundlegende liturgische Kleid ist daher auch die Albe, das durchgehend weiße Gewand, das nichts anderes ist als das weiße Kleid der Taufe. Es ist für alle liturgischen Dienste vorgesehen, vom Bischof bis zur Ministrantin, und es sind eigentlich nur praktische Gründe, die verhindern, dass alle Getauften im Gottesdienst die Albe tragen. Bischof, Presbyter und Diakon tragen über der Albe dann noch ihre jeweilige Amtskleidung. Das weiße Kleid der Albe erinnert zurück an die Taufe. Bedenkt man, dass auch alle Getauften immer wieder sündigen und auf Umkehr und Vergebung angewiesen sind, dann darf man im liturgischen Gewand zugleich einen Ausdruck der Zukunftshoffnung sehen: Die Albe schaut voraus auf die endgültige „Reinigung“ des Menschen in seiner Beziehung zu Gott.

In der Liturgie drückt sich die Kirche als ganze aus, als Leib Christi, als Volk Gottes in seiner Beziehung zum Vater. Die verschiedenen Glieder des Leibes tragen je das ihre – gemäß ihren Begabungen und Beauftragungen – zum Gesamt der Liturgie bei. Alle gemeinsam bilden das Volk Gottes: Es jubelt Gott zu, betet zu ihm, dankt ihm, hört sein Wort und geht ihm entgegen.

Nächste Woche geht es weiter mit einer Betrachtung zu Liturgie von und mit Papst Benedikt XVI.

(rv 23.08.2011 mg)







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