Vatikan: „An Wallfahrtsorten auf Glaubensferne zugehen“
Die katholische Kirche
möchte in Wallfahrtsorten mehr für glaubensferne, suchende Menschen tun. Das geht
aus einem Dokument der vatikanischen Kleruskongregation hervor. Das Schreiben zum
15. August, dem Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel, geht an alle Diözesanbischöfe
der Welt, in deren Bistümern katholische Heiligtümer liegen.
Wallfahrtsorte
verzeichnen generell eine wachsende Anzahl von Pilgern. Viele von ihnen sind „in schwierigen
menschlichen und spirituellen Situationen“, heißt es in dem Schreiben aus dem Vatikan.
Gerade sie sollen in den Wallfahrtsorten besonders freundlich und zuvorkommend empfangen
werden, empfiehlt der Präfekt der Kleruskongregation, Kardinal Mauro Piacenza. Mit
„großer Sensibilität“ sollen die Rektoren versuchen herauszufinden, welche geistlichen
Erwartungen diese Menschen bei ihrem Besuch an dem Wallfahrtsort haben und warum sie
kommen.
Freundlicher Umgang Piacenza schlägt vor, bei dieser
Aufgabe auch auf Laien zu setzen, die „freundlichen Umgang, ein Auge für spirituelle
Dinge und theologischen Verstand“ haben. Eine solche Begegnung könnte folgenreich
sein: Im Idealfall bietet sie einem suchenden Menschen den Anlass, „sich ernsthaft
und intensiv auf den Weg des Glaubens einzulassen“. Man müsse den Fernstehenden zeigen,
dass der Glaube kein „vages, abstraktes religiöses Gefühl“, sondern im Gegenteil „zum
Anfassen konkret“ ist.
Konkrete Anweisungen Im ersten Teil
des Schreibens gibt die vatikanische Kleruskongregation auch sehr konkrete Anweisungen
für Gottesdienst und Beichte an Wallfahrtsorten. Piacenza regt mehr Präsenz von Beichtpriestern
an. „Verständnisvoll und empfangsbereit“ müsse sich ein Geistlicher zeigen, der das
Sakrament der Versöhnung spendet. Außerdem solle er „ermutigend wirken“.
In
manchen Punkten könnte es sinnvoll sein, die Ausbildung der Beichtpriester zu ergänzen,
etwa wo es um die Betreuung von Menschen geht, die abgetrieben oder Abtreibungen durchgeführt
haben. Auch „im Bereich von Familie und Ehe“ müsse der Beichte hörende Priester es
„vermeiden, private Lehren, persönliche Meinungen oder willkürliche Bewertungen auszusprechen“,
die nicht mit der katholischen Lehre im Einklang stehen.
Verstehbare
und schöne Sprache Auf die Verkündigung des Wortes Gottes sollten die Rektoren
an Wallfahrtsorten sich mithilfe der Theologie und „unter Beachtung des Lehramtes“
vorbereiten. In den Predigten sollen sie eine „verstehbare und schöne Sprache“ verwenden.
Die Priester haben sich überdies an die Normen zu halten, die in den liturgischen
Büchern vorgegeben sind, schreibt der Vatikan-Verantwortliche für den Klerus.
„Willkürliche
Neuheiten bei der Feier der Liturgie“ sorgten unter den Gläubigen nur für Verwirrung
und Spaltung. Überdies schaden sie der kirchlichen Einheit. Gewänder und liturgische
Gegenstände „müssen gewissen Normen der Würde und der Sakralität entsprechen“. Der
Tabernakel habe an einer gut sichtbaren Stelle in der Kirche zu stehen. Dies helfe
den Eintretenden, „die wirkliche Gegenwart Christi im Allerheiligsten Sakrament zu
erkennen“.
Volksfrömmigkeit Volksfrömmigkeit hat an Wallfahrtsorten
seit jeher einen hohen Stellenwert. Rosenkranz, Kreuzweg oder Prozessionen zeigten
„zur Genüge, wie unverzichtbar“ die Volksfrömmigkeit sei, schreibt Kardinal Piacenza.
Allerdings ersetze die Teilnahme an einer solchen Andacht keinesfalls die Eucharistiefeier.
Überdies habe es mancherorts Einstellungen gegeben, „die nicht mit einer gesunden
religiösen Gesinnung in Übereinstimmung zu bringen waren“. Dort sehe sich die Kirche
gezwungen einzugreifen, etwa „durch Anweisung, jene Vorgänge von abwegigen Elementen
zu reinigen“.
Auch an Wallfahrtsorten soll christliche Nächstenliebe geübt
werden, schreibt Kardinal Piacenza. Das habe eine lange Tradition. Die Heiligtümer
sollten sich für Gerechtigkeit und Schutz der Menschenrechte einsetzen. Sie sollen
überhaupt christliche Kulturträger sein. Namentlich regt der Vatikan-Verantwortliche
für den Klerus an, an Heiligtümern Tagungen und Wettbewerbe durchzuführen oder künstlerische
Darbietungen zu religiösen Themen anzubieten.