2011-08-12 16:40:49

Deutschland/Russland: Geschiedene und die Kirchen


RealAudioMP3 Die Wiederverheiratung von Geschiedenen – das ist ein Thema, das immer wieder für kontroverse Diskussion sorgt. Im kanonischen Recht ist klar: Wer kirchlich verheiratet war, sich weltlich hat scheiden lassen, der kann nicht wieder kirchlich heiraten. Und ohne kirchlichen Segen standesamtlich zum zweiten Mal eine Ehe einzugehen, das ist auch ein Problem. Vor kurzem meldete sich mit Professor Bruno Primetshofer ein Kirchenrechtler zur Wort. Er empfahl, die römisch-katholische Kirche solle sich ein Vorbild an den Orthodoxen nehmen und die Wiederheirat erlauben. Die ukrainische Theologin Natalia Karfut ist Expertin für Ostkirchen und die Orthodoxie. Sie weist zunächst einmal darauf hin, dass man hier genau zwischen den verschiedenen Kirchen unterscheiden muss:

„Es gibt katholische Ostkirchen und es gibt die Orthodoxen Kirchen. Was die katholischen Ostkirchen betrifft, so haben diese die gleiche Regelungen für wiederverheiratete Geschiedene wie die römisch-katholische Kirche. Die Orthodoxen dagegen haben eine eigene Regelung. Sie erlauben die kirchliche Scheidung. Man kann bei ihnen in der Kirche aber höchstens dreimal heiraten. Um das zu verstehen, muss man auf die Kirchengeschichte zurückblicken. Zar Leo VI. hat 1912 ein Gesetz erlassen, bei dem die Heirat zwangsläufig in der Kirche stattfinden sollte. Die Kirche hat sich damit in eine Situation wiedergefunden, bei der sie auch für die Trauung von Nicht-Christen verantwortlich war. Die Eheschließung wurde deshalb außerhalb der Eucharistiefeier durchgeführt. Die Orthodoxe Kirche ist somit an die Stelle des Staates gerückt und da der Staat die Scheidung erlaubte, musste auch die Kirche Scheidungen gewähren.“

In welchen Kirchen ist die Wiederheirat nun erlaubt? Und wie wird dies theologisch begründet?

„Wiederheirat ist sowohl in der katholischen als auch in den orthodoxen Kirchen möglich. Denken wir beispielsweise an Witwer und Witwen. Die Wiederheirat nach einer Scheidung erlauben aber nur Orthodoxe. Die katholische Kirche kennt die Eheannullierung. Das gibt es hingegen bei den Orthodoxen nicht. Wenn eine Ehe bei Orthodoxen nicht funktioniert, dann darf ein Bischof den Ehesegen zurücknehmen und die kirchliche Scheidung gewähren. Dennoch gilt, dass die orthodoxe Theologie davon ausgeht, dass die Ehe unauflöslich ist. Bei der Scheidung stützen sie sich auf die Worte Jesu, wie sie bei Matthäus 19,9 stehen, bei der Ehebruch als Grund für eine Scheidung angegeben wird. Im Laufe der Zeit wurden dann die Gründe für eine mögliche Scheidung erweitert. 1918 erweitert eine russische Lokalsynode auf weitere 13 Gründe. Im Jahr 2000 wurde weitere Argumente wie Aids-Krankheit oder Drogensucht als Scheidungsgründe hinzugefügt. Seit elf Jahren gilt auch, dass eine Scheidung bei Abtreibungen erlaubt ist, bei der der Mann nicht einverstanden war.“

(rv 12.08.2011 mch)







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