2011-07-27 13:32:06

Österreich: Neue Wege in der „Q-Forschung“


In der Forschung über die so genannte „Logienquelle Q“ steht ein Paradigmenwechsel an. Das sagte der Grazer Neutestamentler Christoph Heil im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Kathpress. Eine internationale Tagung am Wochenende in Graz habe eine neue Ära in der Forschung zu dieser rund 240 Verse umfassenden Quelle eingeleitet. Die „Quelle Q“ spielt in der historisch-kritischen Bibelforschung eine besondere Rolle. Sie ist einer von zwei Quelltexten des Neuen Testaments, in denen man den originären Aussagen Jesu besonders nahe zu kommen glaubt. Bisher standen zur Rekonstruktion und Veröffentlichung der Quelle vor allem methodische Fragen zur Erschließung, Zuordnung und Sicherung der biblischen Textstellen im Vordergrund. Jetzt bewege sich das Interesse gerade unter jüngeren Forschern mehr in Richtung einer theologischen Erschließung der Quelle. Dies sei aus den mehr als 20 Vorträgen von Experten aus Österreich, Deutschland, Belgien, Großbritannien, Kanada, den USA und Italien deutlich geworden. Zwar bleibe das historische und religionsgeschichtliche Interesse an der Forschung und ihrer Methodik groß. Doch wachse doch die Zahl jener, die die Quelle nun mit literaturwissenschaftlichen Methoden zu erschließen versuchen. So weisen die Verse eine eigene theologische Dynamik und bereits eine eigene Christologie auf, die nach eigenständigen Interpretationen verlange, so Heil.


Die Forschungen zur „Quelle Q“ reichen zurück bis in die Anfänge der Untersuchungen zur Entstehungsgeschichte der synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus, Lukas) Ende des 18. Jahrhunderts. Seither spielt die Rekonstruktion dieser Textquelle durch Vergleiche von Matthäus-, Lukasevangelium und Markusevangelium eine wichtige Rolle in der Jesus-Forschung wie in der Exegese. Methodisch stützte man sich bei der Rekonstruktion vor allem auf gemeinsame Textpassagen, die bei Matthäus und Lukas, nicht aber bei Markus vorkommen. Eine Blütezeit erlebte die Q-Forschung in den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts, die schließlich in ein internationales Publikationsprojekt zu „Q“ im Jahr 1996 mündete. Die Befassung mit der „Quelle Q“ gehört mittlerweile zu den exegetischen Standards im Theologiestudium. Zu den Kritikern der Rekonstruktion gehört unter anderen Papst Benedikt XVI.. Er zählt die Q-Forschung jener Form der historisch-kritischen Bibelforschung zu, die Texte seziert, ohne sie in einem theologischen Gesamthorizont der Bibel zu reflektieren.


(kap 27.07.2011 sk)








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