2011-07-25 14:26:01

Norwegen: „Manifestation des Bösen“


RealAudioMP3 In Oslo ist es still. „Sehr still“, sagt der Medienbeauftragte des Bistums Oslo, Pal Bratbak.
„Die Menschen kehren ansatzweise zu ihrem normalen Leben zurück. Wir sehen das aus dem Büro des Bischofs. Wir schauen auf das Regierungsgebäude. Die Straße hier wurde abgesperrt, hier standen Militärs mit Maschinengewehren, aber die sind abgezogen. Der Alltag beginnt also wieder. Aber ich weiß nicht, ob wir wirklich realisiert haben, wie groß diese Tragödie ist. Wir haben die Namen noch nicht gelesen. Wir haben die Gesichter der Toten nicht gesehen. Das kam so unerwartet. Niemand konnte das vorraussehen, diesen Horror, diese Manifestation des Bösen.“
Es brauche Zeit, das Geschehene zu verarbeiten. Die Menschen ließen ihre Trauer zu. Bratbak: „Der Platz vor der lutherischen Domkirche hat sich in ein Meer von Blumen, Kerzen und Gebeten für die Opfer verwandelt. Wir haben damit begonnen, das Geschehene zu realisieren, aber wir brauchen noch Zeit.“

Zum Zeitpunkt des Attentats war Bratbak im Auto unterwegs. Er hörte im Radio vom Attentat und hielt alles für eine Übertreibung der Medien. „Aber es war nicht so.“ Er sah junge Menschen an einer Haltestelle warten, um zum Jugendtreffen der Arbeiterpartei auf die Insel Utoya zu gelangen. „Ich hoffe, sie haben es nicht mehr dorthin geschafft.“

Die Überlebenden vom Jugendlager der Sozialdemokraten waren nach der Schießerei zunächst in Hotels gebracht und dort versorgt worden. Psychologen standen ihnen zur Seite. Jetzt berichten sie, sagt Bistumssprecher Bratbak im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Sie haben das Schweigen gebrochen, haben einige Interviews gegeben und kehren jetzt zu ihren Familien und Freunden zurück. Sie berichten von horrorartigen Szenen. Natürlich sind sie darauf bedacht, nicht alle Einzelheiten zu schildern, aber es wird deutlich, welche Angst sie hatten. Der erste Gedanke war wohl: Das ist ein Spiel. Als sie die zerstörten Gesichter ihrer Freunde sahen, verstanden sie: Das ist kein Spiel und rannten um ihr Leben. Sie stürzten sich ins Meer... Es waren Bilder des Grauens.“

„Christlich-fundamentalistisch“ lautete die Beschreibung des Attentäters in einer ersten Stellungnahme der norwegischen Polizei. Katholik Pal Bratbak schüttelt den Kopf. Auch er betont:
„In Norwegen und allen skandinavischen Ländern ist die Kirche eine mulitkulturelle Gesellschaft. Die katholische Kirche ist hier sehr präsent. Allein in der Dompfarrei haben wir Menschen aus 160 Ländern. Er behauptet ein Rechtsextremist mit katholischer Prägung zu sein – das ist so unrealistisch.“

(rv 25.07.2011 bp)








All the contents on this site are copyrighted ©.