Ende einer Ära: Otto
von Habsburg ist am Samstag in der Wiener Kapuzinergruft beigesetzt worden. Zuvor
hatten Bischöfe aus allen Teilen der früheren Donaumonarchie das Requiem für den Kaisersohn
im Stephansdom gefeiert. Tausende von Menschen verfolgten die Messe mit Kardinal Christoph
Schönborn als Hauptzelebrant über Videoleinwände. An diesem Sonntag Nachmittag wird
das Herz des Politikers, der im Alter von 98 Jahren in Bayern gestorben ist, im ungarischen
Benediktinerkloster Pannonhalma beigesetzt.
Zu Beginn des Gottesdienstes von
Wien verlas der Päpstliche Nuntius, Erzbischof Peter Stephan Zurbriggen, ein Beileidsschreiben.
Darin würdigt Papst Benedikt den Verstorbenen als „großen Europäer“, der sich unermüdlich
„für den Frieden, das Miteinander der Völker und eine gerechte Ordnung auf dem Kontinent
eingesetzt“ habe. Hundert Priester beteiligten sich am Requiem, der Domchor sang,
die sieben Kinder des Verstorbenen lasen Fürbitten, Kränze aus Rosen schmückten den
Sarg. Zahlreiche Staatsgäste waren gekommen, unter ihnen die Monarchen von Schweden,
Luxemburg und Liechtenstein und Prinz Hassan von Jordanien, sowie Spitzenpolitiker
aus Georgien, Kroatien, Mazedonien und Tschechien, ferner Vertreter der österreichischen
Republik: Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler
Michael Spindelegger. Die Europäische Union, für die Habsburg von 1979 bis 1999 als
Abgeordneter im EU-Parlament tätig war, war durch Parlamentspräsident Jerzy Buzek
vertreten.
Schönborn: „Er war ein Friedenstifter“
In
seiner Predigt würdigte Kardinal Schönborn den Verstorbenen als Friedensstifter und
als Vorbild für die rechte Haltung, ein Leben voller Umbrüche und unerwarteter Situationen
zu meistern. Jeder Mensch, so Schönborn, sei von Gott gewollt, einzigartig und habe
seine eigene unverwechselbare Berufung. Otto von Habsburg habe sowohl die Gabe besessen,
„sich wach und ohne Scheu auf völlig neue Situationen einzulassen“. Gleichzeitig habe
er den Mut und die Entschiedenheit gezeigt, „an dem festzuhalten, was er als Erbe
und Auftrag aus seiner Herkunft ansah“.
In seinem Auftrag, seiner Berufung,
„das gedeihliche Zusammenleben der Völker und Kulturen, der Sprachen und Religionen
zu fördern“, sei Otto von Habsburg ein Friedensstifter gewesen: „im Geist des Evangeliums,
das die Friedensstifter preist“. In der „in vieler Hinsicht segensreichen“ Regierungszeit
Franz Josephs habe es wohl keinen schwereren, folgenreichen Fehler gegeben, als den
Krieg zu erklären, der zum I. Weltkrieg wurde und dessen „bittere, giftige Früchte“
auch „die beiden schlimmsten, massenmordenden Ideologien“ der Menschheit gewesen seien.
„Dürfen wir das Lebenswerk dieses großen Verstorbenen nicht auch als einen unermüdlichen
Versuch verstehen, das Unglück, das der I. Weltkrieg über Europa, über die Menschheit
gebracht hat, wieder gutzumachen?“, sagte der Wiener Erzbischof.
Habsburg habe
das Erbe seiner Familie als Auftrag und Berufung verstanden, aber „nicht der Vergangenheit
nachgetrauert“. Er habe sich aber „auch nicht von jenen einschüchtern lassen, die
die Vergangenheit kleinreden möchten und nur deren Schattenseiten sehen wollen.“ Otto
von Habsburg habe das Gottesgnadentum auch nicht als ein Anrecht auf eine Herrschaftsposition
verstanden, sondern „zuerst als Verantwortung“: „als Auftrag, die anvertrauten Aufgaben,
in die wir hineingestellt sind, in Verantwortung vor Gott wahrzunehmen“. So habe Habsburg
„vorgelebt, wie wir unverkrampft aus dem Gestern für das Morgen schöpfen können“.
In Sachen Umgang mit der Geschichte dürfe Österreich, so Schönborn, noch von Otto
von Habsburg lernen – „und Lernen war noch nie eine Schande“.
Zum Schluß
die Kaiserhymne
Schönborn würdigte an Habsburg auch die „große Gabe
der Demut“. Zahllosen Menschen sei an ihm aufgefallen, dass er keinerlei Standesdünkel
gehabt habe. „Wie gut“, so Schönborn, „täte es uns allen, auch ohne aus dem kaiserlichen
Haus zu stammen, uns der königlichen Würde jedes Christen, jedes Menschen bewusst
zu sein, von der die jüdisch-christliche Tradition so mächtig Zeugnis gibt.“ Diese
in seinem Glauben wurzelnde Überzeugung habe es Otto von Habsburg ermöglicht, „Menschen
unterschiedlichster Herkunft auf Augenhöhe zu begegnen“.
Das Requiem für
Otto von Habsburg endete mit der „Kaiserhymne“: „Gott erhalte, Gott beschütze...“).
Dann formierte sich unter dem Geläute der Pummerin der Trauerzug. Tiroler Schützen
begleiteten den Sargwagen durch die Hofburg zur Kapuzinerkirche. Dort wurde der Habsburger
dann beigesetzt. Der vorerst letzte Akt in einem über siebenhundertjährigen Drama.