Die Missbrauchsskandale
der Vergangenheit machen der Kirche in Irland weiter zu schaffen: Vor zwei Tagen wurden
in Dublin die Schlussfolgerungen aus einem neuen Missbrauchs-Bericht veröffentlicht,
400 Seiten, das Ergebnis von zwei Jahren Untersuchung durch die irische Regierung.
Die geschilderten Missbrauchsfälle betreffen 19 Priester aus dem Bistum Cloyne im
Zeitraum 1996 bis 2009. Schon 2008 hatte ein von der Kirche in Auftrag gegebener Bericht
dem damaligen Bischof von Cloyne, John Magee, vorgeworfen, in einer Reihe von Fällen
nicht die Polizei eingeschaltet zu haben. Der Bischof war daraufhin zurückgetreten.
Irlands Kirche wird derzeit von einer Apostolischen Visitation auf ihren Umgang mit
Missbrauchsfällen in der Vergangenheit durchleuchtet. Donal McKeown ist Weihbischof
von Down and Connor und Verantwortlicher für Jugendseelsorge:
„Der neue
Bericht kritisiert nicht nur das Bistum Cloyne, sondern auch die Behörden und die
Polizei. Der Erzbischof von Cashel, der Cloyne seit zweieinhalb Jahren verwaltet,
hat schon eingeräumt, dass sich das Bistum im fraglichen Zeitraum nicht an die Prozeduren
gehalten hat, die die irische Kirche schon vor fünfzehn Jahren aufgestellt hatte.
Man sollte präzisieren, dass der Bericht feststellt, was schon vor drei Jahren von
einer Kommission der Kirche selbst gesagt wurde, nämlich vom nationalen Rat der Kirche
für den Kinderschutz. Der Staat hat also ein Faktum untersucht, das wir selbst im
Innern der Kirche aufgedeckt haben. Der für den Bericht verantwortliche Richter hat
immerhin zwei Punkte herausgearbeitet, die für die Kirche sprechen. Erstens: dass
alles schon von der Kirche selbst aufgedeckt worden ist, und zweitens, dass die Kirche
schon länger genug interne Regeln hat, um theoretisch der sicherste Ort für junge
Leute im irischen Staat zu sein.“
Theoretisch – denn der Fall Cloyne zeigt
klar, dass das System Lücken und Schlupflöcher hat. Das räumt auch Bischof McKeown
ohne Umschweife ein:
„Sie haben sich nicht an die vereinbarte Prozedur gehalten,
und das ist für uns dramatisch, denn dieses Verhalten setzt alle Bistümer in ein schlechtes
Licht. Ich höre schon die Leute fragen: Wie können wir denn dann glauben, dass wirklich
alle anderen Bistümer auch wirklich tun, was sie behaupten? Unser nationaler Rat für
Kinderschutz, der die Probleme im Bistum Cloyne entdeckt hat, ist aber davon überzeugt,
dass heute alle Bistümer Irlands die Regeln zum Kinderschutz beachten. Und wenn jemand
kommt, um Missbrauchsfälle anzuzeigen, wird diese Anzeige sofort an die zivilen Behörden
weitergeleitet.“
Die Dubliner Regierung bestellte am Donnerstag nach Bekanntwerden
des Berichtes den Päpstlichen Nuntius ein. Erzbischof Giuseppe sollte Stellung nehmen
zu dem Vorwurf, der Vatikan habe irischen Bischöfen in einem Schreiben 1997 davon
abgeraten, pädophile Priester der Polizei zu melden. Ministerpräsident Enda Kenny
erklärte, dass der Vatikan Kirchenrecht über das irische Strafrecht stelle, sei „absolut
schändlich“. Das Irland des 21. Jahrhunderts werde sich nicht länger katholischer
Macht fügen, erklärte Kenny. Der Regierungschef kündigte ein Gesetz an, das das Zurückhalten
von Beweisen über Kindesmissbrauch strafbar macht. Das solle selbst für Informationen
gelten, die ein Priester während der Beichte erfährt.