2011-07-15 11:05:45

Franz Liszt – Zum 200. Geburtstag


RealAudioMP3 Franz Liszt – dessen 200. Geburtstag in diesem Jahr gefeiert wird - stammte aus dem damals ungarischen Dorf Raiding im heutigen österreichischen Burgenland, doch zu Hause war er stets in Europa. Er war der erste wirklich europäische Komponist. Liszt begann seine Laufbahn als achtjähriges Wunderkind und wuchs zum Klaviervirtuosen allerersten Ranges heran. Als "Paganini des Klaviers" war er - vergleichbar mit heutigen Popstars - eine der berühmtesten Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts überhaupt: Die Frauen lagen ihm zu Füßen und Kunstfreunde vergötterten ihn bis zur Hysterie. Später entsagte er dem weltlichen Ruhm und Glamour und lebte zeitweise abgeschieden in römischen Klöstern, empfing sogar die Weihen des niederen Klerus' und trug den Titel "Abbé". Über sich selbst sagte er "zur Hälfte bin ich Franziskaner, zur Hälfte Zigeuner".

Franz Liszt, einer der ganz großen Pianisten des 19. Jahrhunderts und einer der bedeutenden Komponisten seiner Epoche, war eine außrgewöhnlich charismatische Persönlichkeit; Während jene Jahre, in denen Liszt als gefeierter Klaviervirtuose durch Europa reiste oder als Komponist und Hofkapellmeister in Weimar wirkte, bekannt und gut dokumentiert sind, wurde den mehr als 25 Jahren, die er in Rom verbrachte, bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Diese kulturelle Lücke schließt jetzt eine opulent ausgestattete Bildchronik, eine monumentale Glanzausgabe – mit dem Titel: Franz Liszt – die Jahre in Rom und Tivoli – aus dem Schott-Verlag in Mainz. In kenntnisreichen Texten und zahlreichen, überwiegend unveröffentlichten Bilddokumenten wird erstmals das Leben und Wirken dieses Künstlers in der ‘Ewigen Stadt’ geschildert, in der Liszt sich dem Katholizimus zuwandte. Die Partitur dazu schrieb der bekannte Pianisten und Schriftsteller Ernst Burger.

"Er war vom Anfang an, er war schon als jun ger Mensch, er war immer ein tiefgläubiger Mensch. Aber hier in Rom hat er sich besonders dem Katholizismus zugewandt und legte alle Äußerlichkeiten ab. Er wurde natürlich nach wie vor von den Menschen verehrt, er wurde eingeladen in die Salons und in die Aristrokatie, er wurde nach wie vor von Frauen umschwärmt, und führte hier ein anderes Leben als früher, als er als Virtuose auftrat. Und hier in Rom hat er hauptsächlich komponiert, hat sich dann in die Villa d Este zurückgezogen und führte hier in Rom ein ganz besonderes Leben".


Soweit also Ernst Burger über die Jahre von Franz Liszt in Rom und Tivoli, erschienen in dem eben erst erschienenen großartigen Kunstband im Mainzer Schott-Verlag. In religiöser Hinsicht sind zwei Kapitel von Liszts vielschichtiger Biografie besonders bemerkenswert: Ein markanter Einschnitt war der Tod seines erst 50-jährigen Vaters in Frankreich. Er war der ehrgeizige Förderer seines Sohnes. Franz Liszt zog sich in der Folge aus dem grellen Licht der Konzertsäle zurück. Den größten Einfluss auf ihn übte Abbè de Lammenais aus, dessen Buch ‘Worte eines Glaubenden’ Liszt mit Begeisterung las. Er erwog schon damals, selbst Priester zu werden und sich der Kirchenmusik zu widmen. Nach künstlerisch und privat turbolenten Wanderjahren mit Wohnsitzen in der Schweiz, in Italien und schließlich in Waimar übersiedelte Liszt mit seiner Seelenverwandten und Geliebten Carolyne zu Sayn-Wittgenstein nach Rom. Die lange gelante Heirat mit der polnischen Fürstin kam jedoch nicht zustande, die am 50. Geburtstag Franz Liszts in der Kirche San Carlo in Rom angesetzte Hochzeit wurde kurzfristig abgesagt. Ein dumpfer Schicksalsschlag für beide.

"Er blieb zunächst in Rom, wahrscheinlich um die Fürstin zu trösten, die natürlich totungklücklich darüber war, denn sie hat die Jahre um die Annulierung dieser Ehe gekämpft. Aber anschließend mag Liszt Gefallen an Rom gefunden haben, an dem schönen Klima, an dem Umgang mit der Geistlichkeit, er hat mit Kardinälen verkehrt, Gefallen an der schönen Stadt und war bald wieder umschwärmt von den Malern und Künstlern, die damals in Rom lebten. Also, er galt bald als eine bekannte Persönlichkeit hier in Rom und es gibt ja viele Berichte darüber, dass Reisenden, die aus Rom zurückkehrten, die Frage gestellt wurde: Haben Sie Liszt in Rom gesehen? Er gehörte also sozusagen bald zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt, natürlich auch auf Grund seiner äußerlichen Erscheinung. Zum Beispiel hat er einmal Hans von Bülow geschrieben: Adressieren Sie einfach Franz Liszt Rom - so bekannt war er bald in Rom".



Liszt blieb bis 1870 überwiegend in Rom und führte gemäß den ‘zwei Seelen in seiner Brust’ ein teils mondänes, teils mönchisches Leben. Im Sommer 1863 zog er sich in das Kloster Madonna del Rosario auf dem Monte Mario zurück, wo ihn auch Papst Pius IX. besuchte. Quartier bezog er auch im Vatikan und im Kloster Santa Francesca Romana auf dem Forum Romanum. Nach weiteren Konzertreisen empfing Franz Liszt von Pius IX. persönlich die niederen Weihen und wurde damit nicht-zölibatärer Kleriker. Er trug fortan das Kollar und ließ sich Abbè nennen.

"Ich möchte vor allen Dingen seine Großzügigkeit betonen und auch seine Uneigennützigkeit - er lebte stets anspruchslos hier in Rom. So spektakulär seine Wohnungen auch waren, er besaß nie ein eigenes Mobilar, war mit allem zufrieden, die Wohungen waren sehr schön, aber auf Einrichtiung legte er überhaupt keinen Wert. Und als besondere Eigenschaft möchte ich noch auch seine äußere Anspruchslosigkeit im Alter betonen. Es gibt zum Beispiel Berichte, wo er mit seinem Diener gereist ist - und er hat dann im Hotel gesagt: Bitte ein schönes Zimmer für meinen Diener und für mich ein anspruchsloses Zimmer. Er war Zeit seines Lebens ein tiefgläubiger Mann. Er hat zum Beispiel jeden Tag die Messe besucht in der Früh. Das hat er auch schon in Weimar gemacht, bevor er das priesterliche Gewand gewählt hat.In Tivoli, in dieser kleinen Kirche neben der Villa d Este und hier in Rom in der Kirche San Carlo al Corso. hat im Brevier gelesen. Also seine Gläubigkeit war in keiem Fall gespielt, sondern sie war echt".

Der Umfang von Liszts religiös inspirierter Musik ist beeindruckend: Neben zahlreichen Chorwerken, Messen, Oratorien und Psalmen gehören dazu auch Klavierkonzerte für Klavier und Orchester sowie gregorianische Melodien. Herausragend sind etwa die Missa somenis, die neben den Messen von Anton Bruckner zu den Höhepunkten der Kirchenmusik des 19. Jahrhunderts gezählt wird. Große Verbreitung fand auch die Ungarische Krönungsmesse, in der der Tonkünstler Melodien im Stile der Ungarischen Rhapsodien verwendete. In dieser Zeit komponierte Liszt auch seine Oratorien ‘Legende von der Heiligen Elisabeth’ und ‘’Christus’. Franz Liszts Spätwerk – fast durchwegs Sakralmusik – greift häufig Themen rund um Tod und ewigen Leben auf, der große Komponist fand dafür eine eigenwillige musikalische Sprache.

"Man kennt viele seiner wirklich wertvollen Werke nicht,aber seine besten Werke - zum Beispiel die H-Moll-Sonate - sind den besten Werken Schumanns und Chopins zur Seite zu stellen.Und diese falsche Beurteilung von Liszt kommt hauptsächlich daher, dass er sehr beneidet wurde.Alfred Brendel hat einmal gesagt, er gilt als der größte Neiderreger in der Musikgeschichte, weil ihm alle Attribute fehlen, die man gewöhnlich von einem Genie erwartet: Und außerdem kommt hinzu, dass sein großer Ruhm als Pianist, sein Können als Komponist verdunkelte. Beides, ein großer Komponist und ein großer Pianist - soviel konnte man von einem Menschen nicht erwarten,sowas mutete man ihm nicht zu. Eigenschaften, die den Nachruhm der Genies zu garantieren pflegen, also zum Beispiel Mozarts früher Tod, Mozarts Verarmung, Beethovens Taubheit, Schumanns Wahnsinn - Liszts Leben bietet dem Mitleid zu wenig Nahrung, so möchte ich sagen".

Ernst Burger über die Jahre von Franz Liszt in Rom und Tivoli in dem eben erst erschienenem großartigen Kunstband im Mainzer Schott-Verlag.

Im Zuge einer Reise zu dem von seiner Tochter Cosima Wagner geleiteten Bayreuther Festspielen starb der zu diesem Zeitpunkt schon schwerkranke Liszt am 31. Juli 1886 mit 75 Jahren. Er wurde am 3. August in Bayreuth beigesetzt, bei der Totenmesse spielte Anton Bruckner an der Orgel.

Stimmen der Zeit

“Wißt Ihr einen Musiker, der musikalischer sei, als Liszt?, der alles Vermögen der Musik reicher und tiefer in sich verschließe, als er? Der feiner und zarter fühle, der mehr wisse und könne, der von Natur begabter und durch Bildung sich energischer entwickelt habe, als er? Könnt ihr mir keinen zweiten nennen, so vertraut euch doch diesem einzigen – der noch dazu ein viel zu nobler Mensch ist, um euch zu betrügen – und seid sicher, dass ihr durch dieses Vertrauen da am meisten bereichert sein werdet, wo ihr, mißtrauisch, jetzt Beeinträchtigung fürchtet!”.

Richard Wagner


“ Natürlich war Liszt kein Heiliger. Dennoch gibt es keinen Komponisten, dem ich lieber begegnet wäre. Sein Geltungsbedürfnis, der Glanz seiner magnetischen Wirkung wurden in Zaum gehalten durch einen Zug von Selbstlosigkeit und Demut. Welcher andere Musiker hat so oft und so großmütig anerkannt, so gern seine Gaben mit anderen geteilt? Wer sonst hätte die ‘Bitternis des Herzens’, die persönlichen und künstlerischen Enttäuschungen seiner späteren Jahre mit so imponierender Fassung getragen, wer die Kraft gehabt, aus den Exzessen seiner Virtuosenzeit die Konsequenzen zu ziehen: vom Konzertpodium abzutreten und, im Spätwerk, alle übeflüssigen Noten der Vergangenheit in einer Kargheit abzubüßen, die die Musik bis an den Rand des Verstummens bringt “.

Alfred Brendel

(Aldo Parmeggiani)










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