Bosnien/Herzegowina: „Schleichende Diskriminierung von Katholiken“
An diesem Montag sind
in Srebrenica in Bosnien Herzegowina erneut Opfer des Massakers von 1995 beigesetzt
worden, die Arbeit der Identifizierung geht langsam voran. Mehr als 8.000 muslimische
Männer und Jungen hatte die Armee der Republika Serbska damals umgebracht. Der mutmaßliche
Verantwortliche, der serbische General Radko Mladic, sitzt in Den Haag beim Internationalen
Strafgerichtshof in Haft. Aber auch wenn die Toten beerdigt sind, die Wunden sind
noch längst nicht verheilt: Der von 1992 bis 1995 dauernde Krieg hat ein zerrissenes
Land hinterlassen. Zwischen den gesellschaftlichen Fronten befinden sich dabei die
Katholiken. Wir haben mit Magda Kaszmarek gesprochen, die Referentin für den Balkan
beim Hilfswerk Kirche in Not ist:
„Die Zahl der Katholiken ist nach
dem letzten Krieg, der in Bosnien 1995 zu Ende ging, um die Hälfte reduziert, 450.000
Katholiken leben zur Zeit dort, von circa 850.000 bis 900.000 vor dem Krieg. Die Katholiken
kommen nur sehr schwer nach Bosnien Herzegowina zurück: In der Republika Serbska und
in den Teilen, in denen die Muslime in der Mehrheit sind, gibt es nicht die Voraussetzungen,
unter denen sie dort wieder ein Leben aufbauen könnten. Man merkt eine schleichende
Diskriminierung. Uns wird indirekt gesagt: Gebt auf!“
Die Kirche setzt
sich in der Region für fundamentale Menschenrechte ein, darunter auch die der Katholiken.
Diese wollen die Gegend nicht verlassen, sondern dort mit den gleichen Rechen leben
wie Mitglieder der anderen Religionsgruppen. Man müsse gemeinsam etwas aufbauen und
dürfe sich nicht gegen die anderen etablieren, präzisiert Kaszmarek:
„Denn
die katholische Kirche ist offen für alle Religionen. Die Kirche schafft Möglichkeiten,
damit Versöhnung passieren kann. Ein sehr großes Projekt sind die Europaschulen, in
denen die Mehrheit der Schüler Serben und Muslime sind.“
Anders aber
als etwa die muslimischen Gemeinden, die durch arabische Staaten finanziert würden,
erhielten die Katholiken in Bosnien wenig finanzielle Unterstützung, so Kaszmarek
weiter. Die Kroaten Bosniens, die bei den ethnischen Säuberungen vertrieben wurden,
könnten nicht zurück kommen, und die dort Verbliebenen fühlten sich von der internationalen
Gemeinschaft verlassen und in ihren Nöten nicht ernst genommen. 60 bis 70 % Arbeitslosigkeit,
eine hohe Ausreisewilligkeit und politische Instabilität seien weitere Probleme, mit
denen die Menschen zu kämpfen hätten. Genau dort setze Kirche in Not an, unterstreicht
Kaszmarek:
„Das Wichtigste ist natürlich, dass man immer wieder den Menschen
hilft, dort zu bleiben.“