„Der Südsudan ist
Hölle und Paradies zugleich.“ Das sagt der Comboni-Missionar Giulio Albanese, einer
der profiliertesten Missionskenner:
„Auf der einen Seite fehlt es wirklich
an allem, und es gibt zum Beispiel immer wieder furchtbare Hungersnöte. Auf der anderen
Seite sitzt der Südsudan auf einem riesigen Öllager – und er wird vom Nil durchzogen,
einer von Afrikas wichtigsten Wasseradern. Die Frage ist jetzt: Wird sich die Regierung
in Juba auf die Dauer mit Khartum und Kairo verbünden und sich im Streit um Wasserrechte
auf ihre Seite schlagen, oder wird er sich eher an die afrikanischen Länder aus der
Region der Großen Seen halten, die eine Revision dieser Verträge aus der Vor-Kolonialzeit
fordern?“
Pater Albanese macht sich Sorgen, dass sich die zwei Teile dessen,
was einmal der eine Sudan war, voneinander entfernen und gegeneinander positionieren:
„Das
große Risiko ist, dass der Norden islamisch dominiert wird, während der Süden christlich
und naturreligiös wird. Wenn die Trennung also unter religiösen Vorzeichen gesehen
wird. Dann riskieren wir wirkliche Katastrophen… Zumindest im Südsudan müsste die
internationale Gemeinschaft, allen voran USA und China, jetzt darauf achten, dass
die neue Regierung die Regeln von Demokratie und Teilhaben einhält, damit die vielen
kleineren Konflikte zwischen ethnischen Gruppen im Süden nicht explodieren.“
Und
dann sind da ja auch noch die möglichen Konflikte mit den schwarzafrikanischen Nachbarn
des Südsudans:
„So wie die Diplomatie in Afrika tickt, sehen viele in diesem
Abspaltungsprojekt nichts Gutes, weil es die Voraussetzungen dessen, was einmal der
Panafrikanismus war, radikal in Frage stellt: Man darf doch eigentlich an die Grenzen
nicht rühren. Aber was hier jetzt geschieht, das zeigt uns, wie dringend auch die
Völker in Afrika – wie das ja auch in Europa geschieht – sich verständigen müssten
über das Recht, Grenzen zu verändern. Kongo oder Nigeria sind sichtlich besorgt über
mögliche Abspaltungen, und man kann ja auch wirklich nicht ausschließen, dass sich
auch bei ihnen einmal solche Abspaltungs-Mechanismen in Bewegung setzen wie jetzt
im Sudan.“