Gesprächsprozess: „Ein freier und fairer Dialog auf Augenhöhe“
Seit Freitag findet
in Mannheim die Auftaktveranstaltung zum Gesprächsprozess statt, über fünf Jahre hinweg
will man den Weg aus der Vertrauenskrise finden. Beim ersten Treffen soll es vor allem
um Selbstvergewisserung und Standortbestimmung gehen. Noch während der Veranstaltung
haben wir am Samstag Morgen mit dem Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen
Katholiken, Stefan Vesper, gesprochen und ihn nach seinem Eindruck gefragt:
„Ich
bin bis jetzt sehr zufrieden. Über den Abschluss kann ich noch nichts sagen, aber
zum Einstieg und am ersten Tag gab es ein wirklich vertrauensvolles und sehr aktives,
freies, offenes und faires Gespräch miteinander und insofern bin ich sehr zufrieden
über den gestrigen ersten Tag.“
Ist es das, was das ZdK sich von der Veranstaltung
gewünscht hat?
„Es ist glaube ich wirklich so, dass wir immer gefordert
haben, dass es einen freien und offenen Gesprächsaustausch geben muss, in dem alle
Themen, die die Menschen bewegen, drankommen müssen. Wir haben gestern festgestellt,
dass das möglich ist. Es ist wichtig, dass wir reden, es ist wichtig, wie wir reden,
und es ist wichtig, was wir reden. Es ist wichtig, dass wir reden, gemeinsam
als katholische Kirche in Deutschland mit vielen Bischöfen, mit vielen Priestern,
mit vielen Ordensleuten und der großen Gruppe der Laien: es ist wichtig, dass das
in der Zeit dieses Umbruchs angefangen hat. Und es ist wichtig, wie wir
reden: Das ist hier eine professionell gestaltete Arbeit in großen Gruppen, die auch
in kleinen Gruppen das Gespräch lenkt und leitet. Das ist ein freier und fairer Dialog
auf Augenhöhe, die Bischöfe und Priester sind mitten in den Gruppen drin. Und
es ist auch wichtig, was wir reden: Da sind bereits alle heißen Eisen in den Kleingruppen
dran gekommen.“
Im Vorfeld und auch in der Berichterstattung ist sehr häufig
von Krise die Rede. Die Debatte um die Missbräuche war wenn nicht der Grund so doch
der Auslöser für diese Veranstaltung. Steckt die katholische Kirche in Deutschland
in einer Krise? Kann man das bei der Veranstaltung sehen?
„Doch, was war
ein Teil der zweiten Phase des Gesprächs über das, worauf wir stolz sind und das,
was wir bedauern. Das interessante war, dass wir das nicht als Vorwurf den anderen
vorgetragen haben, ‚wir bedauern an euch’, sondern gesagt haben ‚wir bedauern an uns’.
Das war ganz wichtig. Das ist eine ganz andere Methode, die nicht mit Vorwürfen und
mit Attacken arbeitet, sondern die in einem guten Gesprächsprozess Lösungen sucht.
Jetzt geht es darum, zu schauen, wie wir der Kirche wieder größere Ausstrahlungskraft
geben können und zu überlegen, was wir tun müssen, um als Kirche wirklich unseren
Auftrag zu erfüllen und das Evangelium zu den Menschen zu bringen.“
Im
Vorfeld waren viele auch widersprüchliche Bedingungen genannt worden: Einerseits dürfe
niemand die Diskussion einschränken, andererseits müsse man über dies und jenes reden,
sonst sei es kein Dialog. Wie ist damit umgegangen worden?
„Damit ist ganz
frei umgegangen worden. Wir haben zunächst einmal in einer ersten Runde geschaut,
was uns an Hoffnungen mit diesem Treffen verbindet und was uns auch an Befürchtungen
mit diesem Treffen verbindet. Da waren wir einmütig zu sagen, dass die größte Befürchtung
ist, dass das Ganze folgenlos bleibt. Aber ich bin nach dem bisherigen Verlauf sehr
zuversichtlich, dass es nicht folgenlos bleibt. Es darf auf keinen Fall folgenlos
bleiben, sonst werden noch mehr Menschen die katholische Kirche verlassen. Unser
gemeinsames Ziel ist, dass das nicht so ist, denn es lohnt sich, katholisch zu sein,
es lohnt sich, Christ zu sein in dieser Zeit. Die Kirche, wir gemeinsam müssen vieles
vielleicht aus dem Wege räumen, was den Menschen den Weg zu uns oder uns den Weg zu
den Menschen verstellt.“
Es gab auch Bedenken, es würde eine Veranstaltung
der Bischöfe werden oder eine Veranstaltung der „katholischen Profis“, der Funktionäre.
Wenn ich sie richtig verstanden habe, dann haben sie das nicht so wahrgenommen.
„Das
ist eine Kritik gewesen, die ich nie richtig verstanden habe. Ich habe immer gesagt,
wenn die Diözesen eine Gruppe von gewählten Vertreterinnen und Vertretern benennen
können, dann wird das, was in der katholischen Kirche virulent ist und was wir als
ZdK immer wieder artikulieren, zum Durchbruch kommen. Und so ist es auch gewesen. Es
ist ganz wichtig, dass hier der Mainstream, die Mitte der Kirche präsent ist und nicht
Randfiguren, die sich vielleicht für die Talkshow eignen. Leute, die ihren Glauben
praktizieren und sich in der Gesellschaft einsetzen.“