Ein Jahr Rat zur Neu-Evangelisierung: „Wir fangen nicht bei Null an“
Vor einem Jahr, am
Fest Peter und Paul, kündigte Papst Benedikt die Gründung des Rates zur Förderung
der Neuevangelisierung an. Vergangenen September wurde dieser dann durch das Apostolische
Schreiben „Ubicumque et Semper“ ins Leben gerufen. Leiter des jüngsten Kurienbüros
ist Erzbischof Rino Fisichella. Unsere italienischen Radio-Vatikan-Kollegen fragten
ihn nach einer ersten Jahresbilanz.
„Es gab viel Arbeit und großen Enthusiasmus.
Mit diesen zwei Begriffen kann man das Jahr ganz gut zusammenfassen, vom Augenblick
der Verkündung der Absicht des Papstes, den Rat zu gründen bis jetzt. Ich würde sagen,
dass wir in diesem Jahr die Struktur geschaffen haben, obwohl das Dikasterium noch
nicht ganz vollständig ist, und andererseits hat sich der Enthusiasmus noch gesteigert.
Zu Beginn gab es noch ein wenig Unsicherheit, wie es gehen soll. Aber jetzt sehen
wir die Zustimmung zur Entscheidung des Papstes und die positiven Reaktionen, die
aus der ganzen Welt kommen: Interesse, Teilnahme. Um ehrlich zu sein: Mir ist eine
solche große Erwartung noch nie begegnet, und für einige Zeit war ich auch ein wenig
befangen.“
Kann man sagen, dass sich in Ihrer Aufgabe ein großes geistliches
Bedürfnis zeigt?
„Die Einrichtung des Rates ist eine Frucht des Reifens
des Zweiten Vatikanischen Konzils. Im nächsten Jahr werden es 50 Jahre seit der Einberufung
dieses Konzils sein. Man muss nur einmal die Ansprache zur Eröffnung durch den seligen
Papst Johannes XXIII. zur Hand nehmen, in der er davon spricht, dass die Kirche neu
und mit verstärkter Kraft das Evangelium verkünden müsse, um es den Menschen von heute
nahe zu bringen. In den vergangenen 50 Jahren gab es viele Zeichen. Ich denke an die
Enzyklika Evangelii Nuntiandi von Papst Paul VI. und an die Bischofssynode von 1974
zur Evangelisierung. Vor allem denke ich aber an Papst Johannes Paul II., der 1979
zuerst den Begriff „Neuevangelisierung“ geprägt hat. Und ich denke an die prophetische
Geste Benedikt XVI. in der Errichtung dieses Dikateriums. Ich würde sagen, dass all
das zusammen eine Textur im Leben der Kirche ergibt, die von geistlichen, aber auch
von zutiefst pastoralen Bedürfnissen spricht. Man hört den Wunsch vieler Ortskirchen,
der alten und der neuen geistlichen Bewegungen, neu den Weg zu verstehen, den wir
zur Verkündigung des ewigen Evangeliums gehen müssen, mit größerer Glaubwürdigkeit
und Überzeugung.“
Papst Benedikt hat zu Beginn der ersten Vollversammlung
Ihres Dikasteriums dazu eingeladen, Projekte zu entwickeln, vor allem Projekte für
die Formung der jungen Generationen. Sind diese Projekte die Hauptaufgabe des Rates?
„Ja!
Der Papst hat davon gesprochen, ein Projekt zu entwickeln, aber auch davon, es sichtbar
zu machen. Der Rat hat bereits einige Vorhaben deutlich und sichtbar gemacht. Wir
müssen aber auch das Ereignis mit einbeziehen, das für uns sehr wichtig werden wird:
Die Bischofssynode im Herbst 2012, bei der es genau um dieses Thema gehen wird: „Die
Neuevangelisierung und die Weitergabe des Glaubens.“ Es zeigt sich jetzt, dass wir
an der Neuevangelisierung schon seit einiger Zeit arbeiten. Wir sind nicht an einem
Nullpunkt, sondern wir sind auf einem Weg, der sich entwickelt und weitergeht. Wir
müssen die Einheit all dessen herstellen und vor allem ein Fundament, auf dem die
Kirche in den nächsten zehn Jahren aufbauen kann. Aber all das müssen wir tun, indem
wir auf die Bischofskonferenzen hören und auf die Wirklichkeit der Kirche; viele Methoden
der Neuevangelisierung sind schon mit großem Erfolg ausprobiert worden. Eines der
Grundthemen basiert auf der Feststellung, dass es keine Neuevangelisierung geben kann,
wenn es keine neuen Evangelisatoren gibt. Wir wollen der Kirche das Signal geben,
dass es solche Evangelisatoren gibt, um den Geist der Weitergabe zu stärken und zu
fördern, den es für die Neuevangelisierung in unseren Gemeinschaften und in unseren
Ortskirchen braucht.“