2011-06-30 11:38:44

Kongo: Caritas kämpft für Rechte der Landbevölkerung


Ein bitterer Widerspruch – die Demokratische Republik Kongo zählt zu den rohstoffreichsten Regionen der Welt, aber die dort lebenden Menschen profitieren davon fast überhaupt nicht. Im Süden des Kongo ist jedes fünfte Kind wegen Unterernährung in seiner Entwicklung zurückgeblieben, und das Land gehört weltweit zu den stärksten von Hunger betroffenen Ländern. Diese Misslage soll sich jetzt langsam ändern: Mit einem neuen Aufklärungsprojekt will sich die Caritas in dem zentralafrikanischen Staat für die Rechte der Bevölkerung gegenüber internationalen Minengesellschaften stark machen. Denn diese Firmen schnappen die Rohstoffe des Landes und die daraus resultierenden Millionengewinne der Bevölkerung buchstäblich vor der Nase weg.

Es geht weniger um Bananen und Kakao: Die großen Konzerne aus den USA, Kanada, Australien, Südafrika und verstärkt auch China haben es auf Kupfer, Coltan, Diamanten, Uran und Kobalt abgesehen, die es in der Demokratischen Republik Kongo in Hülle und Fülle gibt. Kobalt wird zum Beispiel für Akkus in Handys, Laptops oder Digitalkameras benötigt. Diese Rohstoffe finden sich vor allem in der Provinz Katanga im Süden des Landes. Der Caritasdirektor von Katanga berichtet im Pressegespräch mit Kathpress in Wien über illegale Aktivitäten der Minenbetreiber. P. Boniface Mukabe Mumba:

„Es gibt Wasserverschmutzung und eine allgemeine Verschmutzung der Umwelt, und es kommt immer wieder vor, dass Teile der Bevölkerung vertrieben und umgesiedelt werden, wenn die Minengesellschaften die betreffenden Landstriche beanspruchen.“

Die kongolesische Rechtslage bevorzuge die Bedürfnisse der Minengesellschaften gegenüber den Landrechten der Bevölkerung. So machte beispielsweise vor wenigen Monaten das Schicksal der Bauernkooperative Shamoja nahe der Stadt Kolwezi in Katanga Schlagzeilen. Drei Wochen vor der Ernte fuhren Bulldozer auf und machten die Felder der Bauern dem Erdboden gleich. Das Land wurde für die Lagerung von Erzen benötigt. Die zuständige Bürgermeisterin von Kolwezi sagte den Betroffenen zwar Entschädigungen zu, diese sind bisher aber nur spärlich geflossen. Die Existenzgrundlage vieler Menschen wurde - im Kongo scheinbar völlig legal - ruiniert.

Andere Probleme gebe es im Arbeitsrecht. Viele der chinesischen Firmen zum Beispiel brächten ihre Arbeiter selbst mit. Die Kongolesen, die in anderen Minen Arbeit fänden, müssten unter menschenunwürdigen Bedingungen nach den Rohstoffen schürfen. Dazu P. Boniface:

Die meisten Firmen stellen, wenn überhaupt, kongolesische Tagelöhner ein, die nicht fest angestellt werden und zu einem Hungerlohn arbeiten. Sie haben keinerlei Rechte.“

Sicherheits- und Gesundheitsvorschriften würden von den Firmen weitgehend ignoriert. Der Staat sei nicht gewillt oder in der Lage, die eigenen Bevölkerung wirksam zu schützen und zu fördern. Ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit könne zum Beispiel die Verpflichtung der Minengesellschaften sein, auch kongolesische Arbeiter fix anzustellen, meint Pater Boniface. Gegen die Ungerechtigkeiten wolle die Caritas jetzt aktiv angehen - wenn der Staat nichts tut, müsse man eben die Menschen selbst ermutigen.

„Wir wollen die Menschen über ihre Rechte aufklären und ihnen zeigen, wie die Gesetze aussehen und welche Rechte sie habe und wie sie sie einfordern können. Es geht auch darum, die Zivilgesellschaft befähigen, die Einhaltung der Gesetze zu kontrollieren. Man muss den Minengesellschaften und der Regierung auf die Finger schauen können. Der Staat ist bislang nicht in der Lage zu überschauen, welche Auswirkungen die Aktivitäten der Minengesellschaften haben, und deshalb ist es wichtig, dass die Bevölkerung selbst informiert ist.“

Das neue Projekt zur Stärkung der Zivilgesellschaft wird zu 90 Prozent von der EU finanziert, zehn Prozent steuert die Caritas Österreich bei. In drei Diözesen in der Provinz Katanga soll mit dem Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen begonnen werden. Der österreichische Caritas-Präsident Franz Küberl forderte in diesem Zusammenhang auch die Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft ein. Er hat in den vergangenen Tagen einige Hilfsprojekte im Kongo besucht, die von der österreichischen Caritas unterstützt werden, darunter auch die Provinz Katanka. Küberl:

„Mir ist in Katanka sehr bewusst geworden, dass diese reichen und mächtigen Bergwerksgesellschaften, die eine Reihe von Minen in diesem rohstoffreichen Land betreiben, schon sehr stark in die Pflicht genommen werden müssen. Ich denke, es wird hier auch so etwas wie „fair Trade“ brauchen; wir brauchen fairen Handel nicht nur für Kaffee und Bananen. Wir brauchen ihn vor allem für die Rohstoffe, sowohl in der Art und Weise der Produktion, dass damit nicht Menschen umkommen, sondern Menschen leben können, als auch in der Art und Weise, wie jede, die die Rohstoffe brauchen, diese auch fair bezahlen, damit die, die in diesen Ländern leben, ihren Teil bekommen.“

2008 hat die kongolesische Bischofskonferenz das Projekt „Cern" ins Leben gerufen, mit dem gegen Missbräuche beim Abbau von Bodenschätzen vorgegangen werden soll. In allen 47 Diözesen des Kongos soll sich laut Plan ein Priester mit der Problematik befassen. Die Initiative der Caritas in Katanga läuft zusätzlich zu diesen Bemühungen.

Goldgrube Kongo
Die Demokratische Republik Kongo verfügt über zehn Prozent der Kupfer- und 80 Prozent der Coltan-Reserven. Das Land ist der drittgrößte Produzent von Diamanten und besitzt große Uran-Vorkommen. Ein Drittel bis die Hälfte der bekannten Kobalt-Reserven der Welt befinden sich ebenfalls im Kongo.

(kap/rv 30.06.2011 pr)








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