Kongo: Caritas kämpft für Rechte der Landbevölkerung
Ein bitterer Widerspruch – die Demokratische Republik Kongo zählt zu den rohstoffreichsten
Regionen der Welt, aber die dort lebenden Menschen profitieren davon fast überhaupt
nicht. Im Süden des Kongo ist jedes fünfte Kind wegen Unterernährung in seiner Entwicklung
zurückgeblieben, und das Land gehört weltweit zu den stärksten von Hunger betroffenen
Ländern. Diese Misslage soll sich jetzt langsam ändern: Mit einem neuen Aufklärungsprojekt
will sich die Caritas in dem zentralafrikanischen Staat für die Rechte der Bevölkerung
gegenüber internationalen Minengesellschaften stark machen. Denn diese Firmen schnappen
die Rohstoffe des Landes und die daraus resultierenden Millionengewinne der Bevölkerung
buchstäblich vor der Nase weg.
Es geht weniger um Bananen und Kakao: Die großen
Konzerne aus den USA, Kanada, Australien, Südafrika und verstärkt auch China haben
es auf Kupfer, Coltan, Diamanten, Uran und Kobalt abgesehen, die es in der Demokratischen
Republik Kongo in Hülle und Fülle gibt. Kobalt wird zum Beispiel für Akkus in Handys,
Laptops oder Digitalkameras benötigt. Diese Rohstoffe finden sich vor allem in der
Provinz Katanga im Süden des Landes. Der Caritasdirektor von Katanga berichtet im
Pressegespräch mit Kathpress in Wien über illegale Aktivitäten der Minenbetreiber.
P. Boniface Mukabe Mumba:
„Es gibt Wasserverschmutzung und eine allgemeine
Verschmutzung der Umwelt, und es kommt immer wieder vor, dass Teile der Bevölkerung
vertrieben und umgesiedelt werden, wenn die Minengesellschaften die betreffenden Landstriche
beanspruchen.“
Die kongolesische Rechtslage bevorzuge die Bedürfnisse der
Minengesellschaften gegenüber den Landrechten der Bevölkerung. So machte beispielsweise
vor wenigen Monaten das Schicksal der Bauernkooperative Shamoja nahe der Stadt Kolwezi
in Katanga Schlagzeilen. Drei Wochen vor der Ernte fuhren Bulldozer auf und machten
die Felder der Bauern dem Erdboden gleich. Das Land wurde für die Lagerung von Erzen
benötigt. Die zuständige Bürgermeisterin von Kolwezi sagte den Betroffenen zwar Entschädigungen
zu, diese sind bisher aber nur spärlich geflossen. Die Existenzgrundlage vieler Menschen
wurde - im Kongo scheinbar völlig legal - ruiniert.
Andere Probleme gebe es
im Arbeitsrecht. Viele der chinesischen Firmen zum Beispiel brächten ihre Arbeiter
selbst mit. Die Kongolesen, die in anderen Minen Arbeit fänden, müssten unter menschenunwürdigen
Bedingungen nach den Rohstoffen schürfen. Dazu P. Boniface:
„Die meisten
Firmen stellen, wenn überhaupt, kongolesische Tagelöhner ein, die nicht fest angestellt
werden und zu einem Hungerlohn arbeiten. Sie haben keinerlei Rechte.“
Sicherheits-
und Gesundheitsvorschriften würden von den Firmen weitgehend ignoriert. Der Staat
sei nicht gewillt oder in der Lage, die eigenen Bevölkerung wirksam zu schützen und
zu fördern. Ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit könne zum Beispiel die Verpflichtung
der Minengesellschaften sein, auch kongolesische Arbeiter fix anzustellen, meint Pater
Boniface. Gegen die Ungerechtigkeiten wolle die Caritas jetzt aktiv angehen - wenn
der Staat nichts tut, müsse man eben die Menschen selbst ermutigen.
„Wir
wollen die Menschen über ihre Rechte aufklären und ihnen zeigen, wie die Gesetze aussehen
und welche Rechte sie habe und wie sie sie einfordern können. Es geht auch darum,
die Zivilgesellschaft befähigen, die Einhaltung der Gesetze zu kontrollieren. Man
muss den Minengesellschaften und der Regierung auf die Finger schauen können. Der
Staat ist bislang nicht in der Lage zu überschauen, welche Auswirkungen die Aktivitäten
der Minengesellschaften haben, und deshalb ist es wichtig, dass die Bevölkerung selbst
informiert ist.“
Das neue Projekt zur Stärkung der Zivilgesellschaft wird
zu 90 Prozent von der EU finanziert, zehn Prozent steuert die Caritas Österreich bei.
In drei Diözesen in der Provinz Katanga soll mit dem Aufbau zivilgesellschaftlicher
Strukturen begonnen werden. Der österreichische Caritas-Präsident Franz Küberl forderte
in diesem Zusammenhang auch die Verantwortung der internationalen Staatengemeinschaft
ein. Er hat in den vergangenen Tagen einige Hilfsprojekte im Kongo besucht, die von
der österreichischen Caritas unterstützt werden, darunter auch die Provinz Katanka.
Küberl:
„Mir ist in Katanka sehr bewusst geworden, dass diese reichen und
mächtigen Bergwerksgesellschaften, die eine Reihe von Minen in diesem rohstoffreichen
Land betreiben, schon sehr stark in die Pflicht genommen werden müssen. Ich denke,
es wird hier auch so etwas wie „fair Trade“ brauchen; wir brauchen fairen Handel nicht
nur für Kaffee und Bananen. Wir brauchen ihn vor allem für die Rohstoffe, sowohl in
der Art und Weise der Produktion, dass damit nicht Menschen umkommen, sondern Menschen
leben können, als auch in der Art und Weise, wie jede, die die Rohstoffe brauchen,
diese auch fair bezahlen, damit die, die in diesen Ländern leben, ihren Teil bekommen.“
2008 hat die kongolesische Bischofskonferenz das Projekt „Cern" ins Leben
gerufen, mit dem gegen Missbräuche beim Abbau von Bodenschätzen vorgegangen werden
soll. In allen 47 Diözesen des Kongos soll sich laut Plan ein Priester mit der Problematik
befassen. Die Initiative der Caritas in Katanga läuft zusätzlich zu diesen Bemühungen.
Goldgrube
Kongo Die Demokratische Republik Kongo verfügt über zehn Prozent der Kupfer-
und 80 Prozent der Coltan-Reserven. Das Land ist der drittgrößte Produzent von Diamanten
und besitzt große Uran-Vorkommen. Ein Drittel bis die Hälfte der bekannten Kobalt-Reserven
der Welt befinden sich ebenfalls im Kongo.