Benedikt XVI.: Freundschaft mit Christus - der priesterliche Auftrag schlechthin
Eine lange, persönliche
Meditation über das Priesteramt hat Papst Benedikt XVI. an diesem Festtag Peter und
Paul gehalten. Anlass war seine eigene Weihe zum Priester vor genau 60 Jahren in Freising.
Außerdem verlieh Benedikt bei der Heiligen Messe im Petersdom 41 im letzten Jahr ernannten
Erzbischöfen das Pallium, das er in seiner Predigt als Zeichen der Einheit mit dem
Papst bezeichnete. Zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen machte der Papst das Jesuswort
aus dem Johannesevangelium, „Nicht mehr Knechte nenne ich euch, sondern Freunde“. „Sechzig
Jahre nach dem Tag meiner Priesterweihe höre ich inwendig wieder, wie am Ende der
Weihezeremonien unser greiser Erzbischof Kardinal Faulhaber mit etwas brüchig gewordener
und doch fester Stimme dieses Wort Jesu uns Neupriestern zusprach…. Ich wusste und
spürte, dass das in diesem Augenblick nicht nur ein zeremonielles Wort war und auch
mehr als ein Zitat aus der Heiligen Schrift. Ich wusste: In dieser Stunde sagt er
selbst, der Herr, es jetzt zu mir ganz persönlich.“
Mit der Taufe und in
der Firmung sei bereits die Aufnahme in die „Familie Gottes“ verbunden, so der Papst.
„Aber was nun geschah, war doch noch einmal mehr. Er nennt mich Freund.
Er nimmt mich in den Kreis derer auf, die er damals angeredet hatte im Abendmahlssaal.
In den Kreis derer, die er auf ganz besondere Weise kennt und die ihn so in besonderer
Weise kennenlernen. Er gibt mir die fast erschreckende Vollmacht zu tun, was nur er,
der Sohn Gottes, sagen und tun kann und darf: Ich vergebe dir deine Sünden. Er will,
dass ich – von ihm bevollmächtigt – mit seinem Ich ein Wort sagen kann, das nicht
nur Wort ist, sondern Handeln, das im Tiefsten des Seins etwas verändert.“
„Nicht
mehr Knechte, sondern Freunde“: ein vollkommener Vertrauensbeweis Gottes ist das.
Schließlich vertraue Christus dem Priester auch das Wort in der Verwandlung in der
Eucharistie an. Papst Benedikt:
„Er traut mir zu, dass ich sein Wort verkünde,
es recht auslegen und zu den Menschen von heute bringen kann. Er vertraut sich mir
an. Ihr seid nicht mehr Knechte, sondern Freunde: Dies ist ein Wort einer großen inneren
Freude, das einen zugleich schaudern machen kann in seiner Größe, über die Jahrzehnte
und mit all den Erfahrungen der eigenen Schwachheit und seiner nicht zu erschöpfenden
Güte.“
„Nicht mehr Knechte, sondern Freunde“: in diesem Wort liege das
ganze Programm eines priesterlichen Lebens. Natürlich müsse der Priester auch selbst
etwas für die Freundschaft mit Christus tun.
„Der Hirt ruft die Seinen
beim Namen (Joh 10, 3). Er kennt mich mit Namen. Ich bin nicht irgendein anonymes
Wesen in der Unendlichkeit des Alls. Er kennt mich ganz persönlich. Kenne ich ihn?
Die Freundschaft, die er mir schenkt, kann nur bedeuten, dass auch ich ihn immer mehr
zu erkennen versuche; dass ich in der Schrift, in den Sakramenten, in der Begegnung
des Betens, in der Gemeinschaft der Heiligen, in den Menschen, die auf mich zukommen
und die er mir schickt, immer mehr ihn selber zu erkennen versuche.“
Und
mehr noch: Freundschaft mit Christus ist nicht nur Erkennen, sie ist vor allem, wie
Papst Benedikt betont, „Gemeinschaft des Wollens.“
„Sie bedeutet, dass
mein Wille hineinwächst in das Ja zu dem Seinigen. Denn sein Wille ist für mich kein
äußerer, fremder Wille, dem ich mich mehr oder weniger willig beuge oder auch nicht
beuge. Nein, in der Freundschaft wächst mein Wille mit dem Seinigen zusammen, wird
sein Wille der Meinige, und gerade so werde ich wahrhaft ich selber.“
Die
„bleibende Frucht“, die der Herr vom Priester erwartet, ist nichts anderes als die
Liebe. Die sei allerdings „nichts bloß Süßes“.
„Sie trägt in sich die Frucht
der Geduld, der Demut, des Reifwerdens in der Einformung unseres Willens in den Willen
Gottes, in den Willen Jesu Christi, des Freundes. Nur so, in dem Wahrwerden und Rechtwerden
unseres ganzen Seins ist auch die Liebe wahr, nur so ist sie reife Frucht. Ihr innerer
Anspruch, die Treue zu Christus und seiner Kirche will immer auch erlitten sein. Gerade
so wächst die wahre Freude.“
Seine Rückschau auf seine 60 Jahre als Priester,
für deren Ausführlichkeit sich der Papst gleichsam entschuldigte, enthielt auch ein
Gebet und einen Dank „für das Schwere und das Rohe, für die dunklen und für die glücklichen
Stunden. In beiden erkennen wir die immerwährende Gegenwart seiner Liebe, die uns
stets neu trägt und erträgt“. „Herr, hilf mir, dich immer besser zu erkennen. Hilf
mir, immer eins zu sein mit deinem Willen“, hieß es in Benedikts kurzem Gebet.
Ökumene
mit den Ostkirchen Erst gegen Ende seiner Predigt begrüßte Papst Benedikt
die anwesenden Kardinäle, Priester, Diplomaten und Gläubigen. An erster Stelle nannte
er den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. und seine Delegation. Jedes Jahr
zum römischen Patronatsfest nimmt das Ehrenoberhaupt der Orthodoxie traditionell am
Papstgottesdienst teil, so wie der Heilige Stuhl alljährliche eine Delegation nach
Istanbul zum orthodoxen Andreasfest entsendet.
Die Übergabe der Pallien 41
neue Erzbischöfe aus der ganzen Welt empfingen bei der Messe das Pallium aus den Händen
des Papstes. Die weiße Wollstola ist das Zeichen der Metropolitanwürde. Sie hat die
Form eines Ringes und trägt fünf gestickte Kreuze, Symbol der fünf Wundmale Christi.
Die Pallien werden jedes Jahr am Abend vor ihrer Verleihung auf die Schatulle mit
den Gebeinen des Apostels Petrus unter dem Hochaltar im Petersdom gelegt. Benedikt,
assistiert von zwei Zeremoniären, legte jedem der 41 Erzbischöfe die Wollstola um
den Hals. Das Pallium ist ein Zeichen der Einheit mit dem Papst, sagte Benedikt in
seiner Predigt. Überdies erinnere es an „das süße Joch Christi, das uns auferlegt
wird“.
„Es ist ein Joch der Freundschaft und darum „ein süßes Joch“, aber
gerade so auch ein forderndes und formendes Joch. Es ist das Joch seines Willens,
der ein Wille der Wahrheit und der Liebe ist. So ist es für uns vor allem auch das
Joch, andere in die Freundschaft mit Christus zu führen und für die anderen da zu
sein, uns um sie als Hirten zu sorgen.“
Weiter erinnert das Pallium seinen
Träger an den Auftrag, in der Nachfolge Christi selbst ein guter Hirte zu sein.
„Es
erinnert uns an Christus, der sich aufgemacht hat in die Berge und in die Wüsten,
in denen sich sein Lamm, die Menschheit verlaufen hat. Es erinnert uns an ihn, der
das Lamm, die Menschheit – mich – auf seine Schultern genommen hat, um mich heimzutragen.
Es erinnert uns so daran, dass wir als Hirten in seinem Dienst die anderen mittragen,
gleichsam auf die Schultern nehmen und zu Christus bringen sollen. Es erinnert uns
daran, dass wir Hirten seiner Herde sein dürfen, die immer die Seine bleibt und nicht
die Unsere wird.“ Die Liturgie zum römischen Patronatsfest war in diesem Jahr
besonders feierlich. Palestrinas „Missa Papae Marcelli" begleitete den Gottesdienst.
Einmal im Jahr, eben zum 29. Juni, wird die Bronze-Statue des Heiligen Petrus, die
rechts im Mittelschiff der Basilika thront, symbolisch mit der Tiara bekrönt und in
ein rotes päpstliches Gewand gehüllt. Rot ist die liturgische Farbe an Gedenktagen
von Märtyrern, wie Petrus und Paulus sie waren. Das kleine Büchlein für die Liturgie,
das der Vatikan an die Messbesucher verteilte, zierte das Bildchen zur Priesterweihe
Joseph Ratzingers von 1951, mit Kurrentschrift und einem Foto des jungen Priesters.