Wenige Tage vor der
offiziellen Unabhängigkeit des Südsudan herrscht in der Region Abyei, insbesondere
in der Grenzregion Süd-Kordofan, immer noch Chaos. Wie Kirchenvertreter berichten,
sind nach den Attacken und Bombardierungen durch regierungsnahe Milizen aus Nordsudan
auf die Stadt Kadugli zahlreiche Menschen auf der Flucht. Betroffen von den Angriffen
seien Christen wie Muslime, sagte der Bischof von El Obeid, Macram Max Gassis gegenüber
einer regionalen kirchlichen Hilfsorganisation. „Ganze Familien sind ohne Schutz
und Hilfe“, gab eine Kombonianer-Schwester gegenüber der Nachrichtenagentur Fides
an. Droht die Unabhängigkeit von Südsudan am 9. Juli durch einen neuen Bürgerkrieg
überschattet zu werden? Nein, meint John Ashworth, Berater der Südafrikanischen Bischofskonferenz
für den Sudan, im Gespräch mit Radio Vatikan:
„Zwar könnten die Militäroperationen
ein Zeichen der Regierung von Khartum sein, die den Süden ziehen lassen musste, aber
nicht darauf vorbereitet waren, auch die Region Abyei abzutreten. Aber für die offizielle
Erklärung der Unabhängigkeit am 9. Juli wird das keine Konsequenzen haben. Ich bin
sicher, dass es wie geplant gehen wird und dass es keinen Krieg geben wird.“
Was die fruchtbare und erdölreiche Region Abyei betrifft, zu der Kordofan
gehört, zeigen sich Nord- und Südsudan zumindest inzwischen um Deeskalation bemüht.
So stimmten am vergangenen Montag beide Seiten einer Entmilitarisierung des Gebietes
zu. Vermittelt hatte der frühere südafrikanische Präsident Thabo Mbeki. Die sudanesischen
Streitkräfte würden gemäß der Vereinbarung Abyei räumen und Platz für äthiopische
Friedenstruppen machen, sagte er. Außerdem solle unter Mitwirkung von Nord- und Südsudan
eine Polizeieinheit aufgestellt werden.
Wer Abyei nun verwalten soll, das
ist auch drei Wochen vor der offiziellen Unabhängigkeit von Südsudan immer noch nicht
vollständig geklärt. Ebenso unklar sind die Aufteilung der Öleinnahmen, die genaue
Festlegung der Grenzen von Nord- und Südsudan und die Verteilung der Schulden des
bisherigen gemeinsamen Staates.