Frankreich/Vatikan: Guillotinierte Märtyrerin Rutan ist selig
Als die Guillotine
fiel, dachte sie an Gott. Die Märtyrerin Marguerite Rutan vom Orden der Barmherzigen
Schwestern vom Hl. Vinzenz von Paul wurde zur Zeit der französischen Revolution hingerichtet,
weil sie ihrem Glauben nicht abschwören wollte. Am Sonntag ist sie in Dax im Südwesten
Frankreichs selig gesprochen worden, und zwar nach einem mehr als 100 Jahre dauernden
Seligsprechungsprozesses. Kardinal Angelo Amato, Präfekt der Kongregation für Selig-
und Heiligsprechungen, leitete die Feier.
In den Jahren der französischen Revolution
wurden aus vielen Kirchen Gefängnisse, und das Revolutionstribunal ließ auch die Köpfe
von Schwestern und Priestern rollen, die als revolutionsfeindlich eingestuft wurden.
Als es Schwester Rutan am 9. April 1794 treffen sollte, konnte die Ordensfrau auf
ein reiches karitatives Werk zurückblicken: Rutan wirkte ab 1779 als Superiorin in
einem Krankenhaus in Dax, eröffnete eine Schule und kümmerte sich um verlassene Mädchen.
Obwohl Marguerite aus eher einfachen Verhältnissen stammte, war sie in den Genuss
einer guten Ausbildung gekommen. Kardinal Amato fasst ihr Leben im Gespräch mit Radio
Vatikan zusammen:
„Sie wurde am 23. April 1736 als achtes von 15 Kindern
geboren, vier Jungen und elf Mädchen, in einer Arbeiterfamilie. Der Vater war ein
unermüdlicher Arbeiter, der zum Architekten und Unternehmer aufstieg. Er bemerkte
die Intelligenz seiner Tochter, lehrte sie Mathematik, geometrisches Zeichnen und
die Regeln der Architektur – Dinge, die zur damaligen Zeit ganz sicher nicht für Frauen
vorgesehen waren. Diese Vorsorge bereitete sie auf ihre zukünftigen Aufgaben als Ordensfrau
vor.“
Unterbrochen wurde die vorzügliche Arbeit von Rutan und ihren Mitschwestern,
die heute als Vorreiter des sozialen Handelns in Frankreich gelten können, zur Zeit
des Terrors der französischen Revolution: Nach dem Vorwurf angeblichen Diebstahls
wurde Rutan am Weihnachtsabend des Jahres 1793 angezeigt und verhaftet. An ihr tragisches
Schicksal hatte auch der Papst am vergangenen Sonntag in San Marino erinnert. Er nannte
Sœur Marguerite eine „leuchtende Zeugin des Glaubens für die Armen“. Kardinal Amato:
„Die
Anklagen gegen sie, die allgemein und unbegründet waren, bezogen sich auf angebliche
Sabotage der Revolution. Und zwar deshalb, weil es die Dienerin Gottes abgelehnt hatte,
einen zivilen Schwur zu unterschreiben. Ebenso wies sie die Angabe zurück, sie habe
im eigenen Krankenhaus einen Kaplan, der eben diesen Schwur geleistet und sich damit
der Revolution treu ergeben gezeigt und dem Katholizismus zugleich abgeschworen hätte.“
Schwester
Marguerite Rutan wurde am 9. April 1794 durch den revolutionären Gerichtshof zum Tode
verurteilt und noch am selben Tag guillotiniert. Ein Jahr später bedauerte der Vorstand,
dass diese Frau auf eine „unmenschliche Art und Weise aus unbekannten und noch immer
zu erforschenden Gründen geopfert worden war“. Die erste Messe zu Ehren der neuen
Seligen fand einen Tag nach der Seligsprechung an diesem Montag in Dax statt; anwesend
waren unter anderem auch Vinzentinerinnen-Schwestern, die ihrer Mitschwester die Ehre
erwiesen.