Vatikan: Zweiter Weltkrieg, Geheimverhandlungen am Petrusgrab?
Eine originelle These hat die italienische Historikerin Barbara Frale in dem neuen
Buch „Der Fürst und der Fischer“ über Papst Pius XII. und den Vatikan während des
Zweiten Weltkriegs aufgestellt. So sollen in den vom Pacelli-Papst angeordneten Ausgrabungen
unter dem Petersdom 1940 geheime Gespräche zwischen Abgesandten des Papstes und des
deutschen Widerstandes stattgefunden haben. Zudem habe der mit den Ausgrabungen am
Petrusgrab beauftragte deutsche Prälat Ludwig Kaas als „der große Regisseur“ jüdische
Arbeiter beschäftigt, die in den Vatikan geflohen waren. Während Fachhistoriker die
These von den Geheimgesprächen unter dem Petersdom als amüsante Fiktion bezeichnen,
ist die Tatsache solcher Treffen richtig – und bereits ausführlich dokumentiert. So
gab es in der Phase zwischen dem Polen- und dem Frankreich-Feldzug Sondierungen deutscher
Generäle im Vatikan. Dort wollten sie herausfinden, wie England sich im Fall einer
Ausschaltung Hitlers durch einen deutschen Widerstand verhalten würde. Beteiligt an
solchen Sondierungen waren der deutsche Rechtsanwalt Josef Müller und der Jesuit Robert
Leiber, Sekretär von Papst Pius XII. – freilich an anderem Ort. Kaas selbst sei jedoch
vermutlich nicht in diese Initiative eingebunden gewesen, sagte ein Vatikan-Historiker
gegenüber der Presseagentur Kipa. In der Folge führte die vatikanische Diplomatie
diskret Gespräche mit dem britischen Gesandten beim Heiligen Stuhl, Francis D’Arcy
Godolphin Osborne. Diese hätten sich jedoch hinzogen und letztlich nicht weitergeführt.
Ausführliche Hinweise über solche Kontakte dazu fanden Historiker insbesondere in
den „British Archives“.